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Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte
Kochkunst gerühmt wurde. „Stipperger ist der Adept der modernen Kochkunst“120 und weiter: „Was
hilft es z. B. Rossini, der fĂĽr einen gelehrten Gastronomen gilt, dass er anstatt Opern zu schreiben immer
neue SchĂĽsseln componirt? Nichts, gar nichts. Er muĂź seine geschmackvollen Zubereitungen allein, oder
höchstens en famille, oder höchstens mit einigen guten Freunden essen, während Stipperger’s Kochkunst
tausend und tausend Zungen schnalzend preisen. Jede Speise ist ein Gericht der Götter. Und der Wein?
Läßt man sich in Paris eine Flasche Surésner oder Falerner geben, so wetteifert er in ätzender Kraft mit
dem berüchtigten Grüneberger und lässt auf dem Tischtuche blaue Flecken zurück, die mit Vitriolöhl
eingebeizt zu seyn scheinen. Stippergers Wein jedoch? Das Ding fließt wie Oehl durch die Kehle.“121
Neben Ohr, Magen und Beine musste auch das Auge zu seinem Recht kommen. Ein Gutteil der Artikel
schildert ausfĂĽhrlich die Dekorationen, die Beleuchtung122, es werden allerlei Ăśberraschungen angekĂĽn-
digt. Stets wurden originelle Ideen geboren, um das Publikum anzulocken, welches jeden Abend die Wahl
zwischen unterschiedlichsten Veranstaltungen hatte.
War ein Saal einmal gut eingefĂĽhrt, musste er trachten, sich in seiner Beliebtheit zu behaupten. Eine
grĂĽndliche Renovation von Zeit zu Zeit, zumindest neue Tapeten oder neue Beleuchtung waren das
mindeste, was das Stammpublikum erwartete. Zur Saisoneröffnung wurde ausführlich darüber berichtet,
auch um neue Publikumsschichten anzulocken. Unter Wiens Sälen war das „Elysium“ im Seitzerhof be-
sonders beliebt, nicht zuletzt aufgrund seiner prunkvollen Ausstattung. „Wer inzwischen bei seinem jet-
zigen Besuche das vorjährige Elysium wieder zu finden meint, der wird sich gewaltig irren. Abwechslung
und fortwährende Neuheit ist eine Hauptquelle der Freuden seiner glücklichen Bewohner, daher hat auch
Herr Grader bei seinem irdischen Elysium nun wieder eine Umgestaltung vorgenommen, die dasselbe bei
gleicher, wenn nicht größerer Pracht fast kaum wieder erkennen lässt, und seinem Geschmacke alle Ehre
macht.“123 Die vormals dunklen Räume wurden durch helle Tapeten aufgelichtet, neue Spiegel und Luster
vergrößerten die Räume optisch.
Die Renovierung des Elysiums für den Carneval 1840 sprengte alle Grenzen, die Säle boten ein Panopti-
kum quer durch die Weltkarte, wobei alle Möglichkeiten der neu eingeführten Gasbeleuchtung ausgereizt
wurden: „Â
… amerikanische Schlangen winden sich um germanische Tannenbäume und speien Gasflam-
men, phantastische Krokodile klettern auf den Ästen herum …“124
Große Bälle benötigten optische Reize, aber auch für Konzerte suchten die Veranstalter eine entsprechen-
de Atmosphäre zu schaffen. August Corti, der das Kaffeehaus im Volksgarten betrieb, profitierte von der
Lage und der wunderbaren Aussicht, die der Paradiesgarten bot. „Es ist aber auch inmitten Wiens kaum
ein Platz denkbar, der eine freyere, gesündere Lage hätte und dabey eine Aussicht gewährte, die wirklich
zauberisch genannt werden muĂź. Vom Balkon der ersten Etage des Kaffehhauses [sic] durchschweift der
trunkene Blick, außer einem großen Theil der Vorstädte, vom herrlichen Schwarzenbergischen Palais
und der prangenden Carlskirche angefangen, die ganze Gebirgsreihe des Gallizim-, Kahlen- und Leo-
poldberges [sic] bis an die Donau hin, die im scheidenden Lichte der Abendsonne wahrhaftig wie im
Verklärungsglanze dastehen.“125
120 Der Wanderer 4. 2. 1841.
121 Der Wanderer ebd., gekĂĽrzt.
122 Gaslicht kam in Wien erst am Beginn der 1830er-Jahre auf. In der Theaterzeitung vom 12. 10. 1833 wird eigens hervor-
gehoben, dass die Abendunterhaltungen im Wagnerschen Kaffeehaus „bei neuer einladender Gasbeleuchtung statt finden.“
Laut Theaterzeitung vom 24. 10. 1833 war dieses Kaffeehaus überhaupt der erste öffentliche Ort, in welchem Gasbeleuch-
tung zum Einsatz kam. „Die Hängeleuchter von Gusseisen stehen durch eine verborgene Röhrenleitung in Verbindung,
und sind nach Art der Kronenleuchter an der Saaldecke angebracht. In dem Zeitraume von einer Minute können wie
durch Zauberei die zahlreichen Gasflammen ins Leben gerufen werden, welche ein freundlich helles gleichmäßiges Licht
ausströmen, und nicht den geringsten lästigen Rauch oder Dampf verbreiten, welche bei der gewöhnlichen Oel- oder Ker-
zenbeleuchtung so schwer zu vermeiden ist.“
123 Theaterzeitung 26. 10. 1833.
124 Der Wanderer 7. 3. 1840.
125 Theaterzeitung 21. 6. 1831.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang