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Werke
die Bezeichnung âWalzerâ als auch die Bezeichnung âLĂ€ndlerâ vorkommt. Nr. 1 âLĂ€ndler fĂŒr Tanzlusti-
geâ, Nr. 2 hat keinen Titel, Nr. 3 âWalzer fĂŒr Liebendeâ in der Tonart Des-Dur, Nr. 4 âTrink-Walzerâ, Nr.
5 âWalzer fĂŒr Jagdfreundeâ, Nr. 6 âErinnerung aus Oberösterreichâ. Die Coda bringt einen dramatischen
Beginn, einen lyrischen Mittelteil, der LÀndler klingt im piano aus (also kein krÀftiger Tanzabschluss,
sondern ein sehr poetischer Ausklang).
Mit eben diesem LĂ€ndler beendete Lanner die Zusammenarbeit mit Haslinger und wechselte zu Me-
chetti. Vermehrt wurden seine Auftritte nicht nur angekĂŒndigt, sondern die NovitĂ€ten auch besprochen,
wobei generalisierende Bemerkungen gegenĂŒber profunden Analysen dominieren. Man muss in Betracht
ziehen, dass die Rezensionen auf flĂŒchtigem Hören beruhten, dass keine Noten vorlagen (Partituren ĂŒber-
haupt nie) und die Berichterstatter kaum als fachlich versiert nach unseren Vorstellungen gelten konnten.
Ein Beispiel fĂŒr eine ausfĂŒhrliche Kritik (UrauffĂŒhrung des Olymps Walzer op. 67 am 28. November 1832
im Apollosaal) sei an dieser Stelle gegeben, sie erschien in der Theaterzeitung vom 29. 12. 1832: âSeine
neueren Olymp=lĂ€ndler ĂŒberraschen durch neue und frappante Effekte, die durch die gröĂte Mannigfal-
tigkeit in der Instrumentierung gesteigert werden und zum Tanz ermuntern.â Es folgt eine ausfĂŒhrliche
Analyse der einzelnen Teile: âDer erste dieser OlymplĂ€ndler ist sehr lieblich und besonders wird der
zweyte Theil durch die hĂŒbsche Harmonie interessant. Der Zweyte zeichnet sich durch naive Bewegung
aus, und gefÀllt im zweyten Theile durch die chromatischen GÀnge. Nr. 3 macht durch die eingeschalte-
ten Triller recht guten Effekt indeĂ Nr. 4 die drey nachschlagenden Achtel den Takt recht schwunghaft
machen; die Unisono=GĂ€nge im 5. machen energische Wirkung und stechen sehr gut ab, gegen den
gesamten gesangreichen 6. Tanz, der den Uebergang macht zu dem bunten effektvollen Finale.â
Aus den Walzern der frĂŒhen DreiĂigerjahre stechen folgende besonders hervor: âAmoretten-Walzerâ op.
53 (sowohl im Allgemeinen musikalischen Anzeiger als auch in der Theaterzeitung enthusiastisch bespro-
chen), âDie jĂŒngsten Kinder meiner Launeâ, deren Untertitel âDie Schmetterlingeâ den Rezensenten
der Theaterzeitung zu dem launigen Wortspiel veranlasste: âLanners neueste Walzer âdie Schmetterlingeâ
flatterten mit buntfĂ€rbigen FlĂŒgelchen durch die LĂŒfte und bezauberten.â157, und besonders âDie Aben-
teurerâ op. 91, und âDie Humoristikerâ op. 92, die rasch zu LieblingsstĂŒcken des Wiener und des Pesther
Publikums wurden und regelmĂ€Ăig gespielt wurden.
Pesth markierte einen weiteren QualitĂ€tssprung, der im âPesther Walzerâ op. 93 seinen Niederschlag fand.
Mit einer abgeschlossenen Introduktion, mit weit ausgespannten Melodiebögen, die kĂŒhn von Moll ĂŒber
Nebentonarten zu fragilen Durpassagen fĂŒhren, ist der Ăbergang vom Tanzwalzer zum symphonischen
Tongedicht abgeschlossen. Das Thema des ersten Walzers beruht auf einem zweitaktigen Hemiolenmo-
tiv, das laufend sequenziert wird und den ersten Abschnitt auf sechzehn Takte ausdehnt. Nie zuvor war
Lanner Schubert so nahe wie hier: kreisend um ein vages tonales Zentrum, Sequenzen, die nicht wie bei
Beethoven Bausteine von Steigerungen und VorwÀrtstreiben werden, sondern in sich ruhen, erst am Ende
der Phrase, nach schrittweisem Absinken jeweils um eine Sekunde mit einem unerwarteten Oktavsprung
sich zur Dominante wenden und in einer Generalpause mĂŒnden. Selbstverliebte Melancholie, trĂŒgerische
Idylle, wienerische GemĂŒtlichkeit, die jederzeit in Zu-Tode-BetrĂŒbtsein umschlagen kann: Walzer wie
dieser waren es, die konzertant vorgetragen erst ihrer Wirkung entfalten konnten und der nachfolgenden
Generation den Weg wiesen.
Waren in frĂŒheren Werken motivische BezĂŒge zwischen den einzelnen Walzerabschnitten nahezu unbe-
kannt, so knĂŒpft Lanner in op. 93 ein dichtes Netz an Querverweisen: aus dem Hemiolenmotiv des ersten
Walzers ergibt sich ein nahezu identes Motiv als ThementrÀger im zweiten Walzer, dem e-Moll folgt G-Dur.
Genial der Ăbergang vom Eingang zu Walzer Nr. 3, der in Fis-Dur steht (einerseits Dominante zu H-Dur
und somit terzverwandt zum G-Dur des vorangegangenen Walzers, terzverwandt aber auch dem folgenden
D-Dur, das wiederum zum Ausgangspunkt G-Dur zurĂŒckfĂŒhrt). Der zweite Teil von Walzer Nr. 3 kontras-
157 Theaterzeitung 6. 10. 1832.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, TĂ€nze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂŒrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn â Werden â Sein 21
- VorlĂ€ufer â MitlĂ€ufer â Nachfolger 23
- Tanz 28
- BĂ€lle â TanzstĂ€tten â AuffĂŒhrungsorte 32
- Solisten â Ensemble â Kapelle â Orchester 39
- Akademie â AssemblĂ©e â Conversation â Piquenique â RĂ©union 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- WidmungstrÀger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen â Bibliotheken â Sammlungen 101
- FunktionalitĂ€t â Autonomie â Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik â Biedermeier 108
- Strahlender Stern â leuchtender Stern 112
- Rezension â Rezeption 113
- FlĂŒchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang