Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographien
Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Seite - 55 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 55 - in Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis

Bild der Seite - 55 -

Bild der Seite - 55 - in Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis

Text der Seite - 55 -

55 Werke mehr realisieren lassen. Wie schnell somit diese effektvollen Galoppe tatsächlich gespielt wurden, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, doch haben sie ihre Wirkung nie verfehlt. Die Galoppe waren die Hauptursache, dass gegen das heftige Tanzen in Wien so gerne und durchaus ironisch protestiert wurde. Unter der Überschrift „Ueber die Galloppe“ wird augenzwinkernd aber ener- gisch gegen diesen Tanz polemisiert: „Wiens Aerzte würden sich um die Gesundheit vieler junger Männer, Mädchen und Frauen ein wesentliches Verdienst bereiten, wenn sie auf einen Lieblingstanz der jungen Welt, die rasende Galoppe, einen ernstlichen Verboth legten! Wenn seine rasche Musik vom Orchester herabrauscht, da dünkt mich’s, das Horn Oberons zu hören; so hüpft und tobt alles durch einander, bis man athem- und besinnungslos auf den nächsten Stuhl hintaumelt. Die Bewegung dabey ist immerwäh- rend  … und das Blut wird dabey so in Wallung gebracht, dass ein Zerspringen der Aorta leicht möglich wird.  … Jedes Mädchen möchte ich bitten mit aufgehobenen Händen, nur diesen Tanz zu meiden  … Auch mir raubte unmäßiges Tanzen eine theure Freundinn in der Blüthe ihrer Jahre, und ich schaud’re, seh’ ich ein Mädchen sich so herumtreiben, dass das Gesicht glüht, wie sie ihre blühende Gesundheit lachend zernichtet.“164 Cotillon Während sich Gesellschaftstänze wie Walzer oder Polka bis in unsere Zeit erhalten haben und selbst eine Mazurka oder eine Quadrille uns zumindest dem Namen nach bekannt sind, ist der Cotillon nahezu vollständig verschwunden. Sein Name verweist auf den französischen Ursprung (Cotillon = franz. Unter- rock), wo er bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts getanzt wurde. Von dort kam er im Lauf der Jahrzehnte nach Deutschland, Österreich, aber auch England. Er ist eine Abart des Contredanse, ein man- nigfach zusammengesetzter Tanz, der aus verschiedenen Touren oder Figuren besteht.165 Tanzmeister wett- eiferten im Erfinden immer neuer Figuren, die im Walzer-, Galopp- oder Polkaschritt ausgeführt wurden. Lannersche Cotillons bestehen in der Regel aus fünf Touren mit Trios und einer Schlusstour. Aus Co- tillons wurden die unterschiedlichsten Gesellschaftsspiele entwickelt, die Titel weisen gerne darauf hin. Lanners erster Cotillon datiert von 1827 (op. 10), aus 1831 stammt sein op. 51 „Devisen-Redout-Cotillon“, bei dem die einzelnen Touren nach Blumen benannt sind: die vier Einzeltouren heißen „Feuernelke“, „Nachtveilchen“, „Rose“, „Vergissmeinnicht“, das Finale fasst die Blumen zusammen zu einem „Band des Sträußchens“. Op. 72 aus dem November 1832 zeigt uns eine andere Facette dieses Tanzes: Lanner schrieb Cotillons über „Motive aus der Oper Montecchi ed i Capuleti“, ähnlich wie bei manchen Quadrillen wer- den also keine eigenen Themen verwendet, sondern beliebte Melodien verarbeitet. Op. 86 trägt den Anlass des Ballfestes im Titel: der „Rosen-Cotillon“ wurde für den Zweiten Rosenmädchen-Ball am 16. 1. 1834 im Hotel „Römischer Kaiser“ geschrieben. Formal folgt auf jeden einzelnen Cotillon ein Trio, nach dem der Cotillon wiederholt wird. Zwischen den beiden Cotillons ist ein Galopp (ebenfalls mit Trio) eingeschoben, ein Finale schließt die Komposition ab. Nach diesem Werk schrieb Lanner keine Cotillons mehr. Wie umstritten der Cotillon war, zeigt ein anonymer Brief in Bäuerles „Allgemeine Theaterzeitung“ vom 30. Oktober 1830166. Unter der Überschrift „Gegen den Cotillon“ wird auf durchaus humorvolle Weise gegen den beliebten Tanz gewettert und seine Abschaffung gefordert, weil er „1) ein heidnischer, 2) ein strafbarer, und 3) ein gottloser Tanz sey.“ Für 1.) bringt er Beispiele aus der Antike („  … andere behaupten, die Archonauten hätten bereits den Cotillon  … getanzt, und zwar aus Freude, den feurigen Drachen um das goldenen Vlies geprellt zu haben, .. er ist also  … ein heidnischer Tanz.“), für 2.) folgen umfangreiche Berechnungen über die Schrittzahl und die sich daraus ergebenden Anstrengungen für die Lunge („Nach dem [sic!] neuesten Bestimmungen der Gesundheits=Behörde ist aber bey einem Menschen von der stärksten Konstitution, z. B. bey einem Rezensenten oder theatralischen Herausrufer, die menschliche 164 Der Wanderer, 31. 5. 1826. 165 Schneider a.a.O. S. 104. 166 Theaterzeitung 30. 10. 1830.
zurĂĽck zum  Buch Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis"
Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Titel
Joseph Lanner
Untertitel
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Autor
Wolfgang Dörner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Abmessungen
21.0 x 29.5 cm
Seiten
752
Schlagwörter
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Joseph Lanner