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Instrumentation
a. Standardbesetzung: der ĂĽberwiegende Teil der Werke Lanners sind Walzer. In der Lannerschen Ka-
pelle standen für die Schlagzeugpartien in der Regel zwei Musiker zur Verfügung (dies lässt sich
anhand der erhaltenen Stimmenabschriften der Kapelle rekonstruieren: die Schlagzeugpartien sind
auf zwei Stimmen aufgeteilt). Einer bediente die Pauke im Wechsel mit der groĂźen Trommel, der
andere die kleine Trommel. Fallweise konnte letzterer auch die groĂźe Trommel ĂĽbernehmen (z. B. in
Tuttiabschnitten mit wuchtigen Akkorden, wo Pauke gemeinsam mit großer Trommel die Schläge
markierten). Weitere Instrumente (etwa Triangel, seltener Amboss, Kastagnetten u. ä. m.) wurden von
jenem Musiker gespielt, der mit seinem Hauptinstrument gerade pausierte. Ein wichtiger Hinweis
ist zur groĂźen Trommel zu geben: an das Instrument war das Becken angebunden (in der Lanner-
schen Sprache „Teller“ genannt), einzelne Schläge auf der großen Trommel wurden daher immer mit
Becken (ein Schlägel für die Trommel, der zweite für das Becken) ausgeführt. Triller auf der großen
Trommel erfolgen natürlich mit beiden Schlägeln, also ohne Becken. Wurde ein Schlag ohne Becken
gewünscht, vermerkte Lanner ausdrücklich „ohne Teller“. Leider ist diese Musizierpraxis heute nicht
mehr so geläufig (sie gilt übrigens auch für Rossini!). Die Originalbezeichnungen für Pauke lauteten
„Tympani“ sowie Angabe der Stimmung (durchwegs zwei Instrumente wie in der klassischen und
frühromantischen Orchestermusik), mit „Tambour Grand“ wurde die große Trommel bezeichnet, bei
der kleinen wird unterschieden zwischen „Tambour petit“ oder „Tamb mil“. Alle diese Bezeichnungen
verweisen auf die Militärmusik, aus welcher sie ursprünglich stammen.
b. Galoppe wurden ohne Pauke, nur mit kleiner und groĂźer Trommel ausgefĂĽhrt. In Potpourris hinge-
gen kamen sehr viele Schlaginstrumente zum Einsatz, die manchmal von anderen Musikern (meist
Bläsern) der Kapelle übernommen wurden.
4. Streicher: Handbücher der Orchesterliteratur listen zwar Bläser, Schlagzeugpartien und andere
Nebeninstrumente mehr oder weniger penibel auf (vorbildlich ist Buschkötters „Handbuch der In-
ternationalen Konzertliteratur“), das Streicherensemble hingegen wird meist einfach mit „Streicher“
bezeichnet, ohne die einzelnen Partien näher zu spezifizieren. Für den Großteil der klassischen und
romantischen Konzertliteratur ist das auch nicht nötig (jedem ist die Aufteilung in erste und zweite
Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass geläufig, letztere oft in einem einzigen System notiert),
bei Lanner würde eine solche Verkürzung zu schwerwiegenden Missverständnissen und historischen
Verfälschungen führen, wie im folgenden ausgeführt wird.
a. Wiener Klassik: auffällig ist, dass sowohl Haydn als auch Mozart lange an der dreistimmigen Beset-
zung zwei Violinen-Bass festhielten auch noch zu einer Zeit, als sie fĂĽr alle anderen Orchesterwerke
bereits selbstverständlich die Bratsche einsetzten. Offensichtlich hielt sich diese Ensembleformation,
welche in der Kirchenmusik die Regel war, noch bis Ende des 18. Jahrhunderts. Die Bezeichnung
„Basso“ konnte Violoncello, Bass und Fagott umfassen.
b. Am Beginn seiner Tätigkeit als Leiter seines eigenen Ensembles standen Lanner drei Violinen (er selbst
spielte die erste) und ein Kontrabass zur VerfĂĽgung, hingegen keine Bratsche und kein Violoncello.
Die drei Violinen übernahmen in etwa die Aufgaben, die in späterer Folge von den gebräuchlichen
zwei Violinen und Bratsche auch erfĂĽllt werden: die erste Violine spielte die Melodie, zweite und drit-
te Violine teilten sich die Begleitakkorde auf (in Walzern mit den typischen Nachschlagakkorden auf
der zweiten und dritten Zählzeit). Akkorde wurden mit Doppelgriffen gespielt, so dass insgesamt vier
Noten erklingen konnten. Dreistimmige Akkorde (Grundstufen wie Tonika, Dominante und Subdo-
minante sowie die parallelen Nebenstufen) verdoppeln entweder den Grundton oder bei ungĂĽnstiger
Lage die Quinte, so gut wie nie die Terz219, vierstimmige Akkorde (Dominantseptakkorde in Grund-
stellung und Umkehrung) können vollständig dargestellt werden. Mit fortschreitender Erfahrung
beachtete Lanner korrekte StimmfĂĽhrung (bei Sextakkorden wird die bereits im Bass erklingende Terz
im Begleitakkord ausgelassen etc.), da der Tonraum nach unten begrenzt ist (tiefste Saite der Violine
ist das g), musste er häufig Kompromisse eingehen.
219 In zahlreichen Partituren wurden seitens Mitarbeiter des Verlages oder anderen Freunden Lanners Verbesserungen vorge-
nommen und „falsche“ Verdopplungen „verbessert“.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang