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Instrumentation
kunstfertiger Hand gespielt, eine auĂźerordentliche Wirkung macht) ist eine der Glanznummern des
Straußschen Orchesters.“224 Die Harfe erhielt ihren Platz im Opernorchester, in die Tanzmusik wurde
sie erst eine Generation später integriert. Lanner verwendete sie in seiner Tanzmusik nicht, genau
so wenig wie andere Nebeninstrumente, welche nicht bereits unter „Schlagzeug“ aufgelistet wurden.
Eine Ausnahme stellt seine Musik zu Carl Meisls „Der Preis einer Lebensstunde“ dar, in welcher in
einer einzigen Nummer die Harfe zum Einsatz kommt.
Dynamik – Phrasierung – Artikulation – Verzierung
Musik wird erst lebendig durch dynamische Schattierungen, lebendige Phrasierung, sprechende Artiku-
lation, Verzierungen, die zusätzlichen Reiz bieten. Tanzmusik erst recht braucht diese Elemente, um sich
ĂĽber die reine Funktion als Rhythmusspender zu erheben.
Stärker und länger als sinfonische Musik oder gehobene Kammermusik wurde Tanzmusik improvisiert,
meist nicht schriftlich fixiert, sondern durch Tradition weitergegeben. Die AusfĂĽhrenden variierten vor-
gegebene Modelle, fügten ihre eigenen Verzierungen hinzu, nach ihrem eigenen Können, mit mehr oder
weniger Geschmack. Lanners Rang als ernstzunehmender Komponist und Interpret rĂĽhrt nicht zuletzt
von seiner hohen Kunst auf diesem Gebiet her, wie alle zeitgenössischen Rezensionen betonen.
Die Genauigkeit, mit der Lanner seine Partituren notierte (siehe die einschlägigen Kapitel unten), weist
darauf hin, wie präzise seine Vorstellungen waren und wie wichtig ihm deren penible Umsetzung war. Auf
einige Details sei hier hingewiesen.
a) Dynamische Effekte: Zu den ältesten Gestaltungseffekten gehört die Dynamik. Der Wechsel von laut
und leise ist das auffälligste Gliederungselement, das Komponisten zur Verfügung steht, vor allem in
Wiederholungspassagen wird es gerne eingesetzt. Relativ neu hingegen sind dynamische Abstufungen
innerhalb des Orchesterapparates. Zum einen kann ein Komponist eine bewusste Klangregie durch
unterschiedlich laut spielende Instrumente erzielen, zum anderen innerhalb eines relativ klein besetz-
ten Ensembles Klangeigenheiten der einzelnen Instrumente ausgleichen. Mahler nutzte diese Mög-
lichkeiten extrem, doch bereits bei Lanner finden wir solche Abschnitte, zum Beispiel im „Blumen-
Fest-Ländler“ op. 23: während alle anderen pp spielen, notiert Lanner für Horn ff und Trompete f.
b) FĂĽr Akzente notiert Lanner in der Regel fz, sehr selten fs, wobei Lanners Handschrift nicht immer
hundertprozentig zu lesen ist.
c) Phrasierung: vieles in den Druckausgaben ist schlampig, vor allem die Bogensetzung, leider aber auch
bei Lanner selbst: regelmäßig finden wir Bögen, die quasi in der Luft enden, deren Zielnote nicht ein-
deutig bestimmbar ist. Aber auch bei exakter Notierung kann es passieren, dass gleichlautende Passagen
unterschiedliche Phrasierung aufweisen, ohne dass es gewollt war: vor allem Endnoten auf der ersten
Zählzeit des neuen Taktes sind fallweise in die Bogensetzung eingeschlossen oder werden neu angesetzt.
d) Artikulation: wie in der Rhetorik ist in der Musik die Artikulation ein Wesensmerkmal der individuellen
Interpretation eines (Musik-)Textes. Im Lauf der Jahrhunderte notierten Komponisten die exakte Artiku-
lation immer präziser, wobei sich in der Interpretation des Notierten noch immer eine oft gehörige Band-
breite möglicher Auffassungsunterschiede auftut. Lanners virtuose Technik des Geigenspiels erlaubte ihm
eine Vielzahl von Nuancierungen, die zuvor in Tanzmusik ungebräuchlich war. Gerade Tanzmusik aber
lässt den Ausführenden Freiraum, sie müssen einerseits auf Raumbedingungen (Akustik, Nachhallzeiten
etc.) Rücksicht nehmen, können andererseits auf Basis ihrer eigenen musikalischen Kompetenz ihre sehr
persönliche Sicht einbringen. Als ein Beispiel sei die Ausführung von Gruppen von zwei Noten genannt:
ursprünglich als Achtel notiert, findet sich immer häufiger die Notation zwei Sechzehntel mit Achtelpau-
se oder Sechzehntel mit punktierter Achtel: gemeint war niemals eine exakte Ausführung, sondern „etwas
breiter“ oder „etwas kürzer“. In der Notation spiegelt lebendige Aufführungspraxis sich wider.
224 Theaterzeitung 8. 5. 1839.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang