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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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114 Joseph Lanner – Leben und Werk genten wurden als Interpreten kaum wahrgenommen, man war zufrieden, wurde das Opus ohne gröbere Umfälle präsentiert. Mit den Jahren veränderte sich der Blickwinkel der Journalisten im Gleichklang mit den Ansprüchen der Interpreten an sich selbst: nun wurden „feurige“ oder „begeisternde“ Leistungen ge- würdigt, wurde das Erfassen der Idee bestätigt oder der Mangel bedauernd konstatiert, trat die technische Leistung (die zunehmend als selbstverständlich vorausgesetzt wurde) hinter die künstlerische. Die Ungleichgewichtigkeit in den Rezensionen – Opern und „große“ Konzerte (Orchester, Starsolisten auf Durchreise) wurden bevorzugt, die Kammermusik fristete eine kümmerliche Randexistenz – geht par- allel mit der Beliebtheit der Gattungen bei den Wienern. Die Theater wurden gestürmt, ein Liederabend fand im vertrauten intimen Freundeskreis statt. So erhielt eine Petitesse höhere Resonanz im Blätterwald als Schuberts „Winterreise“. „Theaterzeitung“ und „Wanderer“ schätzten Strauß wie Lanner gleichermaßen, einzelne Rezensenten lie- ßen ihre Vorlieben spüren, ohne in ihren Urteilen sich zu groben Ungerechtigkeiten hinreißen zu lassen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte der radikale Bruch: die Übermacht von Johann Strauß Sohn und Kollegen führte dazu, dass Lanners Werk nach dessen Tod so gut wie keine Rezeption erfuhr. Aus dem Vater des Wiener Walzers wurde ein Vorläufer, dem Eigenständigkeit fehlte, der als notwendiger Vor- bereiter hingenommen, dessen Eigenheiten aber kaum gewürdigt wurden. Die Bearbeitungen trugen das ihre dazu bei, das Bild zu verfälschen: entweder blähte man den Orchesterapparat auf, bis er auf Wagner- sche Größe angeschwollen das filigrane Linienspiel Lannerscher Instrumentationskunst erdrückte, oder man reduzierte sein Ensemble auf Kammermusikbesetzung, die aus Lanner eine Art instrumentierenden Schubert machte. Während Strauß der Ältere zumindest bedingt durch seine prominente Verwandtschaft auch quellenkritischen Untersuchungen unterzogen wurde, beließ man es bei Lanner auf Wiederkäuen von Vorurteilen und verharmlosenden Allgemeinplätzen. Die Unsicherheiten in der Beurteilung der Stile und Genres taten ein Übriges: Ländler wurden nicht als Kunstwerke empfunden, Walzer pauschal als Gattung angesehen, ohne deren Entwicklungen zu erfor- schen. Weder ist Lanners Frühwerk mit seinem Spätwerk nach den gleichen Kriterien zu beurteilen, noch ein Walzer der Silbernen Ära mit einem des jungen Strauß. Ein Lannerscher Galopp hat wenig mit einer Johann Straußschen Schnellpolka zu tun, eine robuste Mazurka nichts mit einer lyrischen Polka Mazur von Josef Strauß. Es bleibt zu hoffen, dass die neu erscheinenden quellenkritischen Werkausgaben Anre- gung und Material für eine umfassende Feldforschung liefern. Der Disput um die Ernsthaftigkeit von Kritiken ist uralt. Der zu besprechende Gegenstand erhebt oder erniedrigt den Rang der Journalisten, die untereinander sich um Ehre und Ansehen streiten: „Nach sol- chen brillanten Decorationsfesten [gemeint ist „Erinnerung an Guttenstein – großes Festarrangement beim Sperl“, das am 23. 2. 1837 zum Gedenken an den durch Freitod aus dem Leben geschiedenen Ferdi- nand Raimund abgehalten wurde. Anm. d. V.], wie dieses heutige, wird doch wenigstens jenen, die ihre Meinung über derlei Salonserscheinungen in den öffentlichen Blättern niederlegen, der ehrende Beiname: Wirtshauskritiker, nicht mehr beigelegt werden dürfen, denn mit der Besprechung solcher theatralischer Salonarrangements treten sie schon in die ehrenwerte Classe der Theaterkritiker über, übrigens möge man immer für wahr annehmen, daß es leichter und dankbarer ist Lessing, Herder und Tieck zur kritischen Brühe über ein neues Theaterstück zusammenzusieden, und ellenlange Bandwurm-Recensionen über Musik zu fabriciren, wenn man auch gar nichts davon versteht, als eine Notiz über solche Ephemeriden geselligen Vergnügens hinzuwerfen.“298 In einer zunehmend technisierten und entromantisierten Welt bildet Tanzmusik einen Fremdkörper, dem mit dem Vokabular traditionellen musikwissenschaftlichen Fachsimpelns nicht beizukommen ist. Nicht nur historische Aufführungspraxis, sondern auch Rückbesinnung auf historische Rhetorik ist gefordert, wenn Lanner umfassend gewürdigt werden soll. 298 Theaterzeitung 25. 2. 1837.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Titel
Joseph Lanner
Untertitel
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Autor
Wolfgang Dörner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Abmessungen
21.0 x 29.5 cm
Seiten
752
Schlagwörter
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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