Seite - 275 - in No Copy - Die Welt der digitalen Raubkopie
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JOACHIM TIELKE
Am Schreibtisch seines Hamburger Büros sitzt Joachim Tielke buch-
stäblich auf Zehntausenden von Schwarzkopien. Denn im Keller der
Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU)
befindet sich die Asservatenkammer mit unzähligen beschlagnahm-
ten Kopien und Computern.Seit 1992 ist Joachim Tielke Geschäftsfüh-
rer der GVU.Dort verfolgt der ehemalige Kriminalbeamte im Auftrag
der Filmbranche und der Unterhaltungsindustrie Urheberrechtsver-
letzungen. So war die GVU in den letzten Jahren mitverantwortlich
für diverse Busts in der Release- und FXP-Szene.
Sie kennen den Slogan »Raubkopierer sind Verbrecher«.
Glauben Sie das auch?
Nein. Zum einen kenne ich die Leute. Ich weiß, wer Raubkopierer sind. Das
ist unser tägliches Geschäft. Das sind keine Verbrecher, und sie sind es ja
auch per Definition nicht. Wenn man das von der juristisch-formalen Seite
sieht, ist diese Kampagne natürlich weit überspitzt.Aber das ist das Recht
jener,die Werbung treiben.Wir sehen das mit dem Augenmaß des Krimina-
listen oder des Juristen.Das ist nicht die Diktion, in der wir sprechen.
Gegen wen ermitteln Sie dann, wenn nicht gegen Verbrecher?
Also,wir ermitteln zunächst mal gegen Leute,die Diebstähle begehen.Denn
wir haben wenig Verständnis dafür,daß man zwischen Diebstahl sächlichen
Eigentums und geistigen Eigentums unterscheidet.Das ist für uns dasselbe.
Würden Sie sagen, daß Sie einen Kampf gegen Raubkopierer
führen?
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Inhaltsverzeichnis
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290