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sind“. Ist das Interesse auf die (regionalen) Gebrauchsnormen und Gebrauchsstan-
dards gerichtet (etwa wie bei Berend 2005 oder im Projekt Variantengrammatik),
mag sich ein pluriarealer Zugang als adäquater erweisen. Dass der pluriareale
Zugang gerade für das Deutsche fruchtbar sein kann, erklärt Spiekermann (2010)
aus der föderalistischen Tradition der deutschsprachigen Staaten und den im
Vergleich zu anderen europäischen Ländern relativ großen Unterschieden in den
Ausprägungen der Dialekte (350). Andererseits schreibt auch Scheuringer, ein
Vertreter des pluriarealen Ansatzes: „Und doch ist ‚österreichisches Deutsch‘ eine
feste Größe, die sich auf allen Ebenen der Sprache manifestiert, österreichische
Spezifika, so genannte ‚Austriazismen‘, aufweist.“ (Scheuringer 2001, 95) Dabei
sei das, was österreichisches Deutsch vom Deutschen in den anderen deutsch-
sprachigen Nationen und Regionen unterscheide, primär in Österreichs langer
Eigenstaatlichkeit begründet (a. a. O., 96).
Auf die Vereinbarkeit der beiden Ansätze hat schon Ammon 1998 hinge-
wiesen, für den „eine nach Blickwinkeln differenzierte Charakterisierung des
Deutschen möglich“ ist, „etwa derart, daß aus der Sicht bestimmter Personen
oder Gruppen das Deutsche eher eine plurinationale und aus der Sicht anderer
Personen oder Gruppen eher eine pluriareale Sprache ist“. Je nach Perspek-
tive bzw. Funktion wäre die eine oder die andere Zugangsweise angemessener
(Ammon 1998, 320). Das Projekt des Variantenwörterbuchs (Ammon et al 2004,
Ammon/Bickel/Lenz 2016) trat im Übrigen mit dem Anspruch an, „sowohl der
Plurinationalität als auch der Pluriarealität des Deutschen gerecht zu werden“
(Ammon 1998, 320). Das Variantenwörterbuch zeigt in seiner Differenziertheit
der Beschreibung des Lexikons der deutschen Sprache auf, dass die Konzepte
einander nicht widersprechen. Und mit der Unterscheidung spezifischer und
unspezifischer nationaler Varianten ist ein Begriffsinstrumentarium zur Hand,
das bei grenzüberschreitender Variation differenzieren kann und sozusagen
beide Perspektiven integriert.
VertreterInnen einer plurizentrischen Konzeptualisierung der deutschen
Sprache zweifeln staatsgrenzenüberschreitende Gemeinsamkeiten und inner-
staatliche Variation – auch auf standardnaher Ebene – nicht an. Sie verweisen
aber darauf, dass ein und dieselbe Variante in einem Land als Standard und in
einem anderen als Substandard gelten kann. Auch Auer (2013, 24) weist darauf
hin, dass grenzüberschreitende sprachliche Varianten in den jeweiligen Staaten
unterschiedlichen Status und unterschiedliche Normativität genießen: „The dif-
ference is that in Austria and Switzerland, they may constitute the only norm,
while in Germany, they are merely alternants of the norm (lexicon) or even
violations of it (phonetics, some parts of syntax).“ Dollinger (2016), der die Rele-
vanz der staatlichen Organisation für sprachliche Variation betont und die Rolle
der politischen Grenze zwischen Kanada und den USA für die Plurizentrizität des
Englischen mit der Grenze zwischen (Ober-)Österreich und Bayern vergleicht,
bemerkt in Bezug auf eine Studie von Scheuringer (1990), dass die historische
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| Theoretische Einordnung des
Forschungsgegenstandes42
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256