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den Nachbarlandschaften in Deutschland, der Schweiz oder Südtirol übereinstimmen.
(Ebner 2009, 442, Herv. im Original)
Was die innerösterreichische Variation betrifft, werden wie schon erwähnt in
der Regel vier Sprachlandschaften/Regionen unterschieden (Ammon et al.
2004,
Ammon/Bickel/Lenz 2016, Ebner 2009, 448): Ostösterreich, Mitte, Südostöster-
reich und Westösterreich. Vorarlberg und der Tiroler Bezirk Reutte haben dabei
wegen der alemannischen Dialektbasis eine Sonderstellung, weshalb wir in der
vorliegenden Studie fünf Regionen angenommen und zwischen Tirol und Vor-
arlberg unterschieden haben (s. u.).34
In der Praxis verschwimmen freilich die Grenzen zwischen dem österreichi-
schen Deutsch im engeren Sinn und Deutsch in Österreich, v. a. im Sprachge-
brauch von LaiInnen, für die österreichisches Deutsch häufig mit allen sprachli-
chen Erscheinungen Österreichs verbunden ist (siehe auch die Ergebnisse unserer
Befragung, Kap. 6). Die österreichischen Spezifika beziehen sich dabei auf alle
Sprachebenen (von der phonetisch- phonologischen, orthographischen Ebene
über Morphologie, Syntax, Semantik bis hin zur Pragmatik). Was den Wortschatz
betrifft, sind in Ebner (2009) ca.
8.000 Wörter enthalten, womit nach Wiesinger
Austriazismen etwa 3 % vom gesamtdeutschen Wortschatz ausmachen (2010, 360).
Spezifische Varianten würden nur einen kleinen Teil davon bilden, beim größeren
Teil handle es sich um unspezifische Varianten (361). Es gäbe länderübergreifende
oberdeutsche Varianten in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz, west-
oberdeutsche Varianten in Südwestdeutschland, der Schweiz, Liechtenstein und
Vorarlberg und ostoberdeutsche Varianten in Bayern und Österreich.35 Auf der
anderen Seite werden auch innerösterreichische Unterschiede in der Literatur
immer wieder genannt – Varianten, die auf Teilgebiete Österreichs beschränkt
sind, vor allem im Wortschatz sind West- Ost- Unterschiede relevant (Wiesinger
2010, 361, Ebner 2009, 448).
Beschreibungen des österreichischen Deutsch bzw. eine Darstellung der
Besonderheiten der deutschen Sprache in Österreich finden sich in zahlreichen
Publikationen von Wiesinger (z. B.
1988b, 2006/2008/2014, 2010), Ammon (1995),
Ebner (2008, 2012), Scheuringer (2001), Dokumentationen des Lexikons in den
Differenzwörterbüchern (Ebner 2009) und – indirekt – im Variantenwörter-
buch (Ammon et al.
2004 bzw. Ammon/Bickel/Lenz 2016). Eine offizielle Stelle,
in deren Aufgabenbereich die Sprachenpolitik und damit auch die Korpuspla-
nung des österreichischen Deutsch fallen könnte, existiert nicht 36. Der das ÖWB
34 Da weder im Bezirk Reutte noch im westlichen Salzburg Daten erhoben wurden, ist im vor-
liegenden Datenmaterial vereinfacht von „Tirol“ und „Vorarlberg“ die Rede.
35 Inwieweit die jeweiligen Varianten in den einzelnen Ländern auch als Standard empfunden
werden, müsste u. E. empirisch geklärt werden (vgl. die Arbeiten von Pfrehm).
36 Auch Wiesinger (2014, 191) stellt fest, es mangle „in Österreich an einer nach innen betriebenen
Sprachpolitik“, und da sei besonders im Deutschunterricht an den Schulen anzusetzen.
Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256