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Vergleicht man die LehrerInnen mit den SchülerInnen hinsichtlich ihrer Sprach-
einstellung gegenüber dem österreichischen Deutsch, so wird deutlich erkennbar,
dass sich die SchülerInnen bei ihren Einschätzungen etwas vorsichtiger verhielten,
indem sie bei fast allen Items stärker zur Mitte tendierten.
6.2.3 Sprache – Identität
Bei einer weiteren Reihe von Fragen konnten die Befragten auf einer 4-stufigen
Skala (sehr stark/stark/wenig/gar nicht) angeben, wie wichtig ihnen die Verwen-
dung des österreichischen Deutsch bzw. von Austriazismen ist. Die folgenden
Situationen wurden vorgegeben:
– In einer Fernsehsendung über österreichisches Deutsch sagte eine Frau in
einem Interview: „Österreichisches Deutsch: Das ist das, wo ich mich wohl-
fühle, es gehört zu meiner Identität.“ Inwiefern trifft diese Aussage auch auf
Sie zu?
– Wenn auf Speisekarten österreichischer Restaurants Wörter wie Rinderbraten,
Quarktasche oder Schorle stehen – stört Sie das?
– Wenn Sie beim Einkaufen auf Produkten Wörter wie Brötchen oder Blumen-
kohl lesen – stört Sie das?
– Wenn ein/e deutsche/r Nachrichtensprecher/in die österreichischen Nach-
richten verlesen würde – würde Sie das stören?
– Meinen Sie, dass über die deutschen Fernsehsender der Sprachgebrauch in
Österreich beeinflusst wird?
– Wenn Sie Tschüss hören – stört Sie das?
Abb. 51 zeigt zunächst die Antworten der Befragten auf die erste Frage, ob die
Befragten österreichisches Deutsch mit ihrer Identität in Verbindung bringen.
SchülerInnen und LehrerInnen gaben überwiegend an, dass diese Aussage sehr
stark oder stark auf sie zutreffe – sie waren sich also relativ einig, dass das öster-
reichische Deutsch ein wichtiger Teil ihrer sprachlichen Identität sei (siehe Abb.
51 auf S. 156).
Ob und wie sehr LehrerInnen und SchülerInnen Begriffe wie Rinderbraten,
Quarktasche oder Schorle auf österreichischen Speisekarten als störend emp-
finden, wurde in einer weiteren Frage erhoben – mit hochsignifikanten Unter-
schieden zwischen der Gruppe der LehrerInnen und SchülerInnen (p = 0,000).
Während Deutschlandismen in Speisekarten (z. B. Rinderbraten, Quarktasche,
Schorle) die SchülerInnen etwa zur Hälfte ziemlich kalt gelassen haben, reagier-
ten die LehrerInnen in dieser Hinsicht anders: Rund drei Viertel gaben an, dass
die genannten Bezeichnungen für Speisen/Getränke sie stark oder sehr stark
stören würden. Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256