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musste, um den Schweinebraten abzuholen und beim Greißler Vogerlsalat, Toma
ten
und ein Hendl zu kaufen.
Leider habe ich nicht so viele Geschenke bekommen, vielleicht weil ich den Wolfgang,
meinen Bruder, immer wegen seiner Wimmerln sekkiert habe, und außerdem habe ich
ihm einmal die Stutzen gefladert, während er gerade auf der Uni war.
Was bei der Durchsicht der Korrekturen zu allererst ins Auge gestochen ist, war
die enorme Bandbreite bei der Einschätzung der normativen Sprachrichtigkeit
und der stilistischen Angemessenheit: Bei einer Textlänge von knapp 200 Wörtern
wurden von einzelnen LehrerInnen bis zu 14 Normverletzungen markiert, also
„Fehler“ angestrichen – in einem im Prinzip „fehlerfreien“ Text. Nimmt man die
„Fehler“ und die unterwellten Ausdrücke zusammen, so haben einige Lehrkräfte
sogar bis zu 25 Mal den Rotstift angesetzt. Andere LehrerInnen hingegen machten
keine einzige Korrektur.
Alles in allem haben die LehrerInnen moderat korrigiert: Der Mittelwert an
angestrichenen Normverletzungen lag bei drei „Fehlern“, eine Wellenlinie wurde
durchschnittlich neun Mal gesetzt. Insgesamt wurden im Schnitt 8 % der Austria-
zismen und 5 % der enthaltenen Deutschlandismen als Fehler korrigiert. Mit einer
Welle versahen die LehrerInnen durchschnittlich 17 % der Austriazismen und fast
doppelt so viele Deutschlandismen, nämlich rund 33 %:
bb. 58 8,4 16,6
4,5 32,5
0
5
10
15
20
25
30
35
korrigiert unterwellt
Austriazismen und Deutschlandismen:
korrigiert und unterwellt im Durchschnitt (in %)
Austriazismen Deutschlandismen
65,6
62 62
49,7 47,9 45,4
36,2 35 34,4 31,9 31,9
17,8 16,6
0
20
40
60
80 Deutschlandismen:
am häufigsten korrigiert oder unterwellt (in %)
Abb. 57: Austriazismen und Deutschlandismen: korrigiert und unterwellt im Durchschnitt (in %)
Der folgende Abschnitt zeigt eine Übersicht der am häufigsten von den LehrerIn-
nen angestrichenen Ausdrücke – unterwellt oder korrigiert (Abb. 58). Auffällig
ist, dass viele der Deutschlandismen zwar nicht ausgebessert, aber mit entspre-
chenden Anmerkungen im Korrekturrand unterwellt wurden.
Korrekturverhalten
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256