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für sich als gültig und adäquat erachtet, gibt es einen großen Spielraum. Was der
eine als einen gängigen Austriazismus erachtet, ist für den anderen zu umgangs-
sprachlich, während der eine oder andere Deutschlandismus einigen LehrerInnen
wiederum „zu deutsch“ ist. Bei manchen Lehrkräften gilt der Grundsatz, dass in
jeder Unterrichtssituation Standarddeutsch gesprochen werden muss – womit
viele SchülerInnen den Beobachtungen der LehrerInnen zufolge überfordert sind.
Die Alternative ist, dass Lehrpersonen einen langsamen Weg zum Beherrschen
der Standardsprache unter gleichzeitiger Betrachtung der Funktionsbereiche der
Umgangssprache und des Dialekts einschlagen. Ergebnisse zur Frage, welche
Varietäten von SchülerInnen und LehrerInnen in der Klasse verwendet werden,
finden sich in Kap. 6.5.1.
6.4 Sprachverwendung: Präferenz von Deutschlandismen/
Austriazismen
14
Ein weiterer Themenkomplex im Fragebogen beschäftigte sich mit der Frage, wie
die Lehrenden und Lernenden einer Reihe von Austriazismen und Deutschlandis-
men gegenüber eingestellt sind bzw. welche Präferenzen sie bei der Verwendung
dieser Ausdrücke haben. Es wurde bewusst eine möglichst vielseitige Auswahl an
Varianten getroffen, darunter sowohl solche, von denen wir angenommen haben,
dass sie stabile Austriazismen sind (z. B. Jänner, heuer, bin gestanden), als auch
andere, bei denen anzunehmen war, dass deren Verwendung zurückgeht (z. B. das
SMS, Bub, die Cola). Zusätzlich sollte ausgelotet werden, wie es um den bevor-
zugten Gebrauch von lexikalischen Varianten aus Ost- bzw. Westösterreich unter
LehrerInnen und SchülerInnen nach Selbstauskunft bestellt ist.
Den ProbandInnen wurden 30 Sätze vorgelegt, die Wahlmöglichkeiten
zwischen je zwei Varianten enthielten (nach dem Kodex 15 als spezifische und
unspezifische Austriazismen/Deutschlandismen/gemeindeutsche Ausdrücke bzw.
als ostösterreichisch/westösterreichisch eingestuft). Die Fragebögen der Lehre-
rInnen und SchülerInnen enthielten in diesem Befragungsteil exakt dieselben
30 Sätze. Die LehrerInnen und SchülerInnen hatten nun anzugeben, welche der
zur Wahl stehenden Ausdrücke sie in schriftlicher Kommunikation eher ver-
wenden würden. Lediglich das erste Item, in dem nach Abschiedsgrußformeln
gefragt wurde, bezog sich auf den mündlichen Sprachgebrauch, und da waren
auch Mehrfachangaben möglich. Insgesamt standen 31 Doubletten (26 Austria-
zismen/Deutschlandismen, 5 ost- bzw. westösterreichische Varianten) und fünf
Grußvarianten zur Auswahl, die hier aufgelistet sind:
14 Vgl. dazu auch de Cillia 2016b.
15 Als Referenzkodex wurden dafür v. a. das ÖWB, das Variantenwörterbuch und Jakob Ebners
Arbeiten herangezogen.
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| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen182
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256