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bb. 72
bb. 73 % LehrerInnen % SchülerInnen
59,5
49,7
31,3
23,3 21,5
79,3
22,1
10,1 31,5
10,4
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
TSCHÜSS SERVUS PFIATI CIAO BABA
Mündlicher Abschiedsgruß:
LehrerInnen/SchülerInnen in %
% LehrerInnen % SchülerInnen
Abb. 72: Mündlicher Abschiedsgruß: LehrerInnen/SchülerInnen (in %)
Die erstaunliche Diskrepanz zwischen den Präferenzen der SchülerInnen und
LehrerInnen legt die Vermutung nahe, dass ein generationsspezifischer Sprach-
wandel stattfindet. Um dieser Hypothese auf den Grund zu gehen, wurden sämt-
liche ProbandInnen in drei Alters- bzw. Generationengruppen (Personen bis
21
Jahre, Personen im Alter von 22 – 40
Jahren, Personen ab 41
Jahre) eingeteilt, um
ihr Antwortverhalten nochmals auswerten zu können. In einem weiteren Schritt
wurden dann zwei „Generationen“ im Sinn eines relationalen Generationsbegriffs
konstruiert, indem die unter 22-Jährigen den über 41-Jährigen gegenübergestellt
wurden (Abb. 73). Dabei wurde, wie vermutet, zwischen der jüngsten und der
ältesten Altersgruppe die Schere bei einzelnen Verabschiedungsbegriffen noch
größer: Unter den über 41-Jährigen waren es nur 50 %, die sich für Tschüss als
präferierten Abschiedsgruß entschieden haben, während die Prozentwerte in
der Gruppe der bis 21-Jährigen mit knapp 80 % in etwa gleich blieben. Ähn-
lich verhielt es sich mit Servus: Der Anteil der Servus- GrüßerInnen war in der
40+-LehrerInnengruppe mit 60 % höher als bei den Unter-21-Jährigen. Diese
Unterschiede sind alle mit p=0,000 hochsignifikant, mit Ausnahme von Ciao
(p = 0,151) (siehe Abb. 73 auf S. 191).
Auch bei der Auswertung der weiteren Austriazismen/Deutschlandismen-
Paare nach Altersgruppen bestätigen sich generationenspezifische Unterschiede:
Je älter die ProbandInnen, desto eher wurden Austriazismen bevorzugt, umso
jünger, desto eher wurden Deutschlandismen bevorzugt. Austriazismen erfreuten
sich unter den älteren LehrerInnen (42 – 51
Jahre bzw.
52 – 63
Jahre) der höchsten
Beliebtheit, während die Deutschlandismen von den älteren LehrerInnen selte-
ner gewählt wurden. Bei den beiden nächstjüngeren Gruppen schwächte sich
diese eindeutige Präferenz der Austriazismen gegenüber den Deutschlandismen
sichtlich ab. Bei den jüngsten Befragten war die Sache genau umgekehrt: Die
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| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen190
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256