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Ich glaub, dass die Zeit sehr gering ist für den Deutschunterricht in der Oberstufe
und dass die/die Dinge, die zu erledigen sind, von schriftlichen Dingen, über/über
Literatur et cetera, ahm so umfassend sind, dass ma afoch gewisse Dinge, die man für
nicht so wichtig erachtet, oder für die Reifeprüfung net so wesentlich san, dass man
die einfoch weglässt. (MB1)
Eine Lehrerin aus der Steiermark (FSt3) kam durch ein Seminar, das vom Projekt-
team mitveranstaltet wurde, auf das Thema österreichisches Deutsch und bezieht
es aus diesem Grund seither in den Deutschunterricht ein:
Durch die Informationen, die ich bei diesem Seminar erhalten habe, is meine Auf-
merksamkeit eben auch auf das österreichische Deutsch gelenkt worden und ah des
woa so a Impuls ahm, dass dann auch weiterzugeben und/und klarzumachen auch,
das ist jetzt österreichisches Deutsch […].
Einen Spezialfall bildete auch hier Vorarlberg: Der von dort stammende Lehrer
MV1 antwortete auf die Frage, ob er das österreichische Deutsch für ein wichtiges
Thema halte, mit Nein, und begründete das wie folgt:
Ich seh die große Wichtigkeit des österreichischen Deutsch in dem Sinn für einen
Vorarlberger nicht. […] in Vorarlberg werden wir diese Sprache nicht sprechen, eh
nicht, weil wir Dialekt sprechen. In der <Normalsituation (lachend)> wird sich die
Frage nicht stellen, weil da reden wir Dialekt. Und wenn wir miteinander Deutsch
reden, dann […] sind wir wahrscheinlich ein Zwischending zwischen Deutschland
und Österreich.
Die meisten LehrerInnen aus den anderen Bundesländern hielten das österrei-
chische Deutsch für ein wichtiges Thema, so wie eine Lehrerin aus Tirol:
Ja, halt ich es schon für ein wichtiges Thema, weil ja: wirs alle <verwenden (lachend)>,
und uns eigentlich bewusst verwenden sollten
[…] äh
- - dass es eben eine unter meh-
reren Varianten ist, die sehr wohl Existenzberechtigung hat. (FT1)
Im Unterricht einiger LehrerInnen scheint das österreichische Deutsch bis zum
Zeitpunkt der Befragung keine große Rolle gespielt zu haben, da sie sich noch
nie bewusst damit auseinandergesetzt hatten, wie der folgende Kommentar einer
Wiener Lehrerin (FW1) zeigt: „Najo, eigentlich nicht, nachdem ichs kaum mache,
na? (lacht) Also man müsste das hinterfragen und sich bewusster machen.“
Als weiterer Grund, das österreichische Deutsch nicht zu thematisieren, wurde
auch erwähnt, dass in erster Linie die Vorgabe des Lehrplans erfüllt werden
müsse
– ein Hinweis darauf, dass sprachliche Variation bzw. das österreichische
Deutsch und das plurizentrische Konzept im Lehrplan erwähnt werden sollten.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR
| Ergebnisse der empirischen Erhebung an
Schulen214
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256