Seite - 37 - in Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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Der
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gingen einige Jahre, bis Berthold Viertel Ende der 1980er-Jahre in Österreich
in einem ganz anderen Zusammenhang wiederentdeckt wurde. Damals hatte
sich eine kleine Gruppe von KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen um die
Historikerin Siglinde Bolbecher und den Literaturwissenschaftler Konstantin
Kaiser die Befassung mit und Verbreitung von Exil- und Widerstandsliteratur
zur Aufgabe gemacht. Und in diesem Kontext kam der »Exilliterat« Viertel 35
Jahre nach seinem Tod erst wirklich in Österreich an. In der 1988 zusammen
mit dem Theatermuseum veranstalteten Ausstellung Viertels Welt sollte erstmals
der »ganze Viertel«, den »geschichtlich und kulturell bedingten Bruchlinien« in
seinem Leben folgend, gezeigt werden und in diesem Rahmen wurden 1989
auch Viertels Filme in Österreich gezeigt. Anschließend sollte eine Werkaus-
gabe Viertel endgültig dem »fahrlässigen Vergessen« entreißen und so erreichte
zwischen 1988 und 1998 die Viertel-Forschung eine kurze, aber intensive Blü-
tezeit.87
1994 starb Elisabeth Neumann-Viertel 94-jährig. Sie hatte alle erinnernden
Bemühungen um ihren Mann unterstützt. 1995 kam der »Rest« von Viertels
Hinterlassenschaft ins Deutsche Literaturarchiv Marbach. Schon 1980 war dort
der 12 Kästen umfassende Nachlass von Salka Viertel hinzugekommen und
1991 war auch, nach der Auflösung der Münchner Wohnung von Neumann-
Viertel, der Bestand der Korrespondenzen ergänzt worden.
Im Zettelkatalog des Deutschen Literaturarchivs Marbach, wie auch über-
blicksartig durch den damaligen Leiter der Handschriftenabteilung Werner
Volke, sind die Materialien erfasst, die bis 1994 in Marbach verwaltet wurden :
ein kleiner Teil der Gedicht- und Prosamanuskripte, 107 Hefte gemischten
Inhalts, 104 Arbeits- und Notizbücher, sowie Viertels Korrespondenz.88 Insge-
samt waren es 53 Nachlasskästen, die zu Neumann-Viertels Lebzeiten dem
Archiv übergeben, geordnet und im Zettelkatalog erfasst wurden. Zu beachten
ist, dass dieses Material nicht nur von Neumann-Viertel kam, sondern sich aus
unterschiedlichen Zugängen zusammensetzte. Auch Berthold Viertels Söhne
Hans, Peter und Thomas, seine Schwester Helene Bruckner-Karplus und seine
Schwägerin Clara Steuermann gaben im Laufe der Zeit Dokumente nach Mar-
bach, die dem Bestand zugeordnet wurden.
Material für weitere 27 Marbacher Kästen lag noch bis 1994 bei Neumann-
Viertel, die es ForscherInnen ebenfalls (jedenfalls ausschnittsweise) zugänglich
gemacht hatte. Dieser »nach dem Tod Elisabeth Neumann-Viertels ins Archiv
87 Vgl. FN 4, wie auch : Pfäfflin, Friedrich (Hg.), Tribüne und Aurora. Wieland Herzfelde und Bert-
hold Viertel. Briefwechsel 1940–1949, Mainz 1990.
88 Volke, Werner, Der Nachlass Berthold Viertels, in : Pfäfflin, Berthold Viertel, 1969, Umschlagblatt,
Innenseite.
Berthold Viertel
Eine Biografie der Wiener Moderne
- Titel
- Berthold Viertel
- Untertitel
- Eine Biografie der Wiener Moderne
- Autor
- Katharina Prager
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20832-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 368
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Ein chronologischer Überblick 7
- Einleitend 19
- 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
- 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
- Moderne in Wien 99
- Monarchisches Gefühl 118
- Galizien 129
- Jüdisches Wien 139
- Katholische Dienstmädchen 150
- Deutsche Kultur 161
- Luegers Wien 173
- Mitschüler Hitler 184
- Jugendliche Kulturanarchisten 196
- Familie Adler 209
- Studium 228
- Sexuelle Emancipation 245
- Karl Kraus 268
- Theater 291
- Erster Weltkrieg 310
- Nachsatz 333
- Archivalien 336
- Dank 342
- Literaturverzeichnis 344
- Bildnachweis 358
- Personenregister 359