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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Studium |  231 Vaters sich aufrichten und unbeweglich werden. Und dann  – ja, dann verließ der Vater das Zimmer fliehenden Schrittes, und ohne sich umzusehen. Das Fenster blieb offen.15 Zwischen 1904 und 1906  – da war die Firma endgültig verloren  – wurden nicht nur Aufstiegshoffnungen, sondern auch der Konflikt mit dem Sohn durch die »Erschütterung« der »sozialen Stellung« Salomons Viertels begraben. Berthold Viertel nahm sich ab 1906 immer wieder vor, sich besser in seine Familie zu integrieren : Überhaupt wäre es praktisch, in der Familie tatkräftig zu wirken. Dadurch, dass man sie meidet, wirkt man auf das Ungünstigste, als Fremdkörper, Friedensstörer, Beunru- higer. Vater und Mutter sind abgebrauchte durch das Schicksal geschwächte Men- schen. […] Das putzige Zutrauen dieser Menschen zu einander und dem Schicksal gegenüber ist auf ewig erschüttert. Er hat seine harmlose Hausehre eingebüßt […]. Sie versteht es jetzt sehr feindlich gegen ihn zu wühlen. […]. Ein fortwährend nervö- ses Zittern durchlauft den Familienkörper.16 Diese veränderten Umstände gaben Berthold Viertel allerdings die Möglichkeit, sein Leben freier vom Aufstiegsdruck der Familie nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Nach nur einem Semester Jus wechselte er an die philosophische Fakultät, wohnte aber nach wie vor bei den Eltern, die Studium und Leben ihres Sohnes weiterhin finanzierten. Auch der etwas ältere Stefan Zweig hatte Philo- sophie als Studienfach gewählt, denn immerhin »war hier das rein stoffliche Gebiet am eingeschränktesten, der Besuch von Vorlesungen oder Seminaren in der »exakten« Philosophie am leichtesten zu umgehen. Alles, was not tat, war, am Ende […] eine Dissertation einzureichen und einige Prüfungen zu machen.« Zweig  – für den die Universität einen »romantischen Nimbus« hatte und der sich als Student bevorrechtet und beneidet fühlte  – erinnerte sich an sein Stu- dium als an eine »glückliche Zeit«, die er zum Lesen und Dichten genutzt habe ohne die Universität, wo das »einfältige und brutale Treiben« der immer präsen- ten Burschenschafter ihn abstieß, zu betreten.17 »Die Universität betrete ich nie«, schrieb auch Berthold Viertel im Frühjahr 1905.18 Obwohl sie im Gegensatz zum Gymnasium mehr Freiheit und Selbstän- digkeit bot, »verachtete« er diese Institution, die »unsere Tatkraft weiter lähmen 15 BV, Die Stadt der Kindheit, in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 122–125. 16 BV, Tod der Lüge, 1. Tagebuchblatt am 5. Juli 1906, 69.3142/1, K28, A : Viertel. DLA. 17 Zweig, Welt, 1992, 114–119. 18 BV an Hermann Wlach, o.D., H.I.N. 227.966, Sammlung BV, HS, WBR.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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