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30 Einleitung
meine gesellschaftliche Demokratisierung. So liegt die angedeutete Differenz zwischen
Hackmann und Andrei Schaguna einerseits in der unterschiedlichen innerkirchlichen
Struktur beider Bistümer begründet, deutet aber auch bereits die schrittweise Demo-
kratisierung der cisleithanischen Kronländer an und damit einen schleichenden Verlust
elitärer Exklusivität der Kirchenhierarchen.53
In der Erweiterung der Überlegungen zum institutionellen Wandel des Religionsfonds
über den Ausgang des Ersten Weltkrieges hinaus liefert ein Gedankenspiel von H. Bude
zur Implosion der DDR und dem darauffolgenden ›allmählichen inneren Ableben der
Bundesrepublik‹ einen Mehrwert für die Formulierung der letzten These, der hier Er-
wähnung finden soll. Bude konstatiert darin einen gesellschaftlichen Systemwechsel bei
politischer Regimekontinuität, der letztlich zu einer Festigung der deutschen Verfassung
führt.54 Mit Einschränkung trifft das zunächst auch auf die Situation der Bukowina und
den parallel damit einhergehenden Wertewandel nach 1918 zu. Großrumänien hatte die
nationale Vereinigung erreicht. Es kam innerhalb des Religionsfonds durch die gesamt-
staatliche Neuorientierung zu einer beträchtlichen Verschiebung der values in ihrem
jeweiligen Stellenwert. Der Bukowiner Religionsfonds und seine Akteure fühlten sich in
ihrer national ausgerichteten Politik bestätigt. Und doch stellte sich eine schleichende
Krise dieser Institution mit diesem Ereignis ein, wenngleich seine sichtbaren Auswir-
kungen erst über ein Jahrzehnt später an die Oberfläche traten. Aus dieser Perspektive
scheint die weltweite Wirtschaftslage am Ende der 1920er Jahre nur der Auslöser, nicht
aber die tiefere Ursache für die Krise des Fonds zu sein. Der institutionelle Wandel hatte
sich im Sinne der Akteure in einer nunmehr erfüllten nationalen Leitidee und einer er-
reichten Deckungsgleichheit des eigenen mit dem staatlichen Orientierungsmuster voll-
zogen. Er war jedoch ab diesem Zeitpunkt mit der überaus heterogenen politischen Re-
alität Rumäniens konfrontiert, in der sich seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts
ein erheblicher Reformstau aufgebaut hatte. Fragen des nation building und nach der
eigenen Identität spielten dabei eine zentrale Rolle.55 Auf organisatorischer Ebene er-
gaben sich durch die rumänischen Sprachgesetze Anfang der 1930er Jahre ebenso bald
Probleme, etwa fachlich versierten Nachwuchs für die Forstwirtschaft zu rekrutieren.
In beiden Fällen, sowohl vor, als auch nach 1918, zeigt sich deutlich, dass ökonomische
Strukturen wie die Institution des Religionsfonds zwar (staats-)kapitalistische Grund-
sätze in einem Raum installieren, bewahren oder erweitern helfen sollen, jedoch ei-
53 Selznick 1951, Vulnerability, 321.
54 Bude 2003, Altern, 221f.
55 Mareci & Purici 2007, Pressure ; Barbu & Preda 2006, Building, bes. 371 ; auch Harre 2009,
Wege.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439