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Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 37
pendelte im Reformgebäude zwischen Entmachtung, Zerschlagung und Integration.14
Man hatte alsbald erkannt, dass »verwaltungstechnische Vereinfachung«, wie sie durch
diese Reformen unternommen wurden, nicht ausreichten, einen auf Dauer stabilen und
modernisierten Staat zu schaffen.15 Innerhalb dieses nur schwer in seiner Tiefe und
Tragweite gänzlich zu überblickenden Facettenreichtums an Reformen ist daher das Au-
genmerk hier primär auf das Staatskirchentum16 zu lenken, also jenen maßgeblichen
Teil der Umgestaltung, »ohne den alles andere nicht gelingen konnte«.17 Sie entpuppte
sich als eine der tragenden Säulen der josephinischen Reformperiode. Betrachtet man
den Josephinismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen, so gehört die Beaufsichti-
gung der Kirche durch den Staat zu seinem Fundament, womit zugleich auch jener Be-
reich des Josephinismus angesprochen ist, dessen unmittelbare Nachwirkungen sich am
längsten verfolgen lassen.18
Schon seit den ersten Reformansätzen unter Maria Theresia kristallisierte sich immer
mehr die Kirche als ein »störendes Element für den absolutistischen Verwaltungs- und
Wirtschaftsstaat« heraus.19 Einerseits standen die Klöster für eine im Sinne des Josephi-
nismus nicht mehr zeitgemäße Feudalordnung. Sie verhinderten in ihrem Machtbereich
den unmittelbaren Durchgriff des Staatsapparates auf ›seine῾ Untertanen. Die autono-
men Bereiche, etwa in Form der (vor allem durch die Kirche maßgeblich ausgeübten)
Grundherrschaft, sollten im Zusammenwirken mehrerer Reformschritte (z.B. Urbarial-
regulierung, Grundsteuer etc.) sukzessive zu Gunsten des Staates zurückgedrängt wer-
den.20 Zum anderen sah die Staatsverwaltung in der Kirche (hier und besonders wie-
derum in den Klöstern) als größtem Grundbesitzer eine weitgehend ›tote Hand‹, in der
sich beachtliche Vermögenswerte angehäuft hatten, die nach den zeitgenössischen Vor-
stellungen keine effiziente Nutzung mehr erkennen ließen.21 Nicht nur in unmittelbar
wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch an der staatsloyalen Erziehung der Untertanen
hatte die Kirche ihren Beitrag zu leisten. Zielte das Maria-Theresianische Volksschulwe-
sen noch hauptsächlich auf die tiefere Verwurzelung des Katholizimus in den unteren
Volksschichten ab22, so sollte die Kirche unter Joseph II. in dieser Beziehung als loyale
14 Reinalter 2008, Josephinismus, 25 ; Kovács ²1980, Josephinismus, 27.
15 Heindl 1990, Bürokratie, 39.
16 Als Überblick zum Staatskirchentum vgl. Ritter 1954, Vermögensverwaltung, 77f.
17 Aretin 1985, Josephinismus, 519.
18 Valjavec 21945, Josephinismus, 50 u. 53 ; Aretin 1983, Josephinismus, 524 ; Ogris 1981, Joseph
II.,
151.
19 Schindling 1997, Aspekte, 688.
20 Ogris 1981, Joseph
II., 122 u. 136.
21 Aretin 1985, Josephinismus, 515.
22 Schindling 1997, Aspekte, 688.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439