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44 Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung
Moldau erstmals eindeutig nach Westen aus. Andererseits geriet damit eine vergleichs-
weise homogen strukturierte, in Zahl und Verbreitung weitgehend orthodox gläubige
Bevölkerung zu Untertanen eines katholischen Fürsten, des Kaisers, in Wien.6 Die nati-
onale Differenz zwischen orthodoxen Ruthenen und Rumänen der Bukowina ist ein erst
Jahrzehnte später während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Tragen kom-
mendes Phänomen. Zunächst spielte dieses im Bewusstsein wie Handeln der Gläubigen,
die für die Kirche als Einheit galten, keine Rolle.7 Das sich in der Bukowina mit der
österreichischen Verwaltung josephinischer Prägung etablierende normative Rechts-
verständnis eines direkten Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Staat – vertreten
durch den Landesfürsten bzw. Kaiser – und der Kirche8 war der Orthodoxie im Gegen-
satz zur katholischen Kirche zu diesem Zeitpunkt in Form der traditionellen Sympho-
nia keinesfalls fremd.9 Dieses Verhältnis ermöglichte staatlichen Behörden ein weitrei-
chendes Mitwirken innerhalb der orthodoxen Kirche.10 Das Fehlen eines christlichen
Herrschers seit der Eroberung Konstantinopels hinterließ im byzantinischen Raum eine
entsprechende Lücke, in die regionale Landesfürsten drängten. Der Patriarch, der sich
nach wie vor in Istanbul befand, hatte hierauf keinen wesentlichen Einfluss.11
Hinsichtlich der Religionsausübung verfügten die orthodoxen Christen auf dem
Gebiet der Habsburgermonarchie schon seit 1761 über weitgehende Freiheiten in der
Öffentlichkeit.12 Die Toleranzgesetzgebung unter Joseph II. wandte sich dabei dement-
sprechend weniger der Orthodoxie bzw. der Kirchennation als Einheit selbst zu, son-
dern vielmehr den einzelnen Gläubigen. Das Patent vom 13. Oktober 1781 beseitigte die
6 Die Huldigung und Eidesleistung der Bukowiner Stände, als auch der Geistlichkeit fand am
12.X.1777 statt, ANR-B HKR III/12/1777 Eines an nach Comandirenden Generalen Feldzeugmeister
Grafen von Siskovics […] Rittmeisters von Linken dato Zallesczyki den 15. October 777 erstatteten
Berichts.
7 Turczynski ²1995, Orthodoxe, 402.
8 Valjavec 1945, Josephinismus, 38.
9 Innerhalb des Patriarchates von Konstantinopel und der osmanisch verwalteten wie ›dirigierten‹
Gebiete galten die Bischöfe der griechischen Kirchen durch das Millet-System als ›staatsrechtliche
Institution‹ mit eigenem Jurisdiktionsbereich. Das begründete für die Hohe Pforte ein selbstver-
ständliches Entscheidungsrecht etwa bei der Einsetzung von Kirchenhierarchen, aber umgekehrt
ebenso eine nicht unerhebliche Einschränkung kirchlicher Autonomie ; Suttner 2007, Staaten,
181f.
10 Suttner 1989, Staat, 347.
11 »Was die äusserliche Aufsicht über die Kirche in der Moldau anlangt, so kömmt diese allein dem
Fürsten zu, welcher fleissig und sorgfältig darauf Acht hat, daß der Wandel und die Lehre der Geist-
lichen mit den Grundsätzen des wahren Glaubens überein kommen« ; Cantemir 1771/1973, Be-
schreibung, 320 u. 324 ; Iorga 2011, Istoria, 80f.
12 Prokschi 2007, Kirche, 78.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439