Seite - 97 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Bild der Seite - 97 -
Text der Seite - 97 -
Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19. Jahrhunderts 97
neuerlich 100.000 Gulden zu »Rüstungs- und Kriegszwecken«. Einen weiteren Antrag,
dem der Landespräsident bereits zugestimmt hatte, auf zusätzliche 20.000 Gulden an
Handgeldern, die für Freiwillige Soldaten aus der Bukowina gedacht waren, lehnte der
Kaiser diesmal ab. Hingegen sollte die Hälfte des Betrages in die Anschaffung von Le-
bensmitteln für die Spitäler des Kronlandes fließen.46 Beide Male genehmigte der Kai-
ser als Landesfürst und oberster Schirmherr des Religionsfonds diese Förderungen
ausdrücklich. Dabei lässt sich aus heutiger Sicht einerseits natürlich nur mehr schwer
einschätzen, wie weit die ›patriotischen‹ Gesten von Konsistorium und Bischof auch als
solche einzuschätzen und welche Absichten ihrerseits damit verbunden waren. Ande-
rerseits darf angenommen werden, dass dem ›Patriotismus‹ an Spendenfreude ein Auf-
ruf von Wien vorausging.
In der Sache weitaus komplizierter stellte sich die Frage der Grundlastenablösung dar.
Hier galt es in umgekehrter Form, die Leistungen der grundherrlichen Obrigkeit ge-
genüber den neu entstehenden politischen Gemeinden und den Bauern zu regeln. Eine
Schwierigkeit trat dabei in der Ablöse von Nutzungsrechten in den Wäldern und Wei-
degründen zu Tage. Vielfach mündeten diese Lösungsversuche besonders im Alpen-
raum und in Galizien, aber auch in der Bukowina in ebenso erbittert geführten wie
langwierigen Rechtstreitigkeiten, die schließlich doch die Großgrundbesitzer für sich
entscheiden konnten.47 Mit dem 1853 erlassenen Patent zur Servitutsregulierung trach-
tete der Staat danach, diese Situation einer einheitlichen Lösung zuzuführen.48 Der
Gesetzgeber erfüllte damit indes nicht die anfänglich aufgestellten Bedingungen einer
gänzlichen Entlastung von Grund und Boden49, sondern wollte zumindest die Dienst-
barkeiten (Servituten) einer überschaubaren Lösung zuführen. Die damit verbundene
grundsätzliche Lastenablösung erforderte zunächst eine eindeutige Regulierung der
rechtlichen Verhältnisse und Ansprüche ; ein Faktum, das durch die bereits losgetretene
Prozessflut erhebliche Verzögerungen mit sich brachte. Im Hinblick auf die dadurch in
der Hauptsache betroffenen Wälder stand zudem zu befürchten, dass mit dem Gesetz
von 1853 – das eine Abtretung an die Gesamtheit der Berechtigten (in der Regel die Ge-
46 Hackmann an Landespräsidenten v. 10./22.V.1859 ; sowie Landespräsident an Hackmann v.
12.VIII.1859 ; Staatsministerium 5761/G.U., Wien v. 7.VII.1866 ; zit. nach Onciul 1891, Fondul,
175ff. u. 197–201.
47 Schiff 1898, Grundentlastung, 36f. u. 49ff.
48 RGBl. Nr. 130, kaiserliches Patent v. 5.VII.1853 über die Regulirung und Ablösung der Holz-, Weide-
und Forstprodukten-Bezugsrechte, dann einiger Servituts- und gemeinschaftlichen Besitz- und Benüt-
zungsreche.
49 Zweitens. Grund und Boden ist zu entlasten ; alle Unterschiede zwischen Dominical- und Rusticalgrün-
den werden aufgehoben ; Patent v. 7.IX.1848 ; abgedruckt in Grünberg 1899, Grundentlastung, 49.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439