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Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 121
Die Verfassungspartei wurde von einem schweren Verluste betroffen : am 13. d. ist hier der
griechisch-orientalische Erzbischof und Metropolit von Czernowitz, Se. Exzellenz Eugen
Hackmann […] gestorben. Der greise Kirchenfürst war einer der treuesten Anhänger der
österreichischen Verfassungspartei […] Dieses Verdienst ist dem Verstorbenen um so höher
anzuschlagen, als er seine Reichstreue trotz der mannichfachen Anfeindungen der Petrino-
ten stets mannhaft offen bekundete. Auch unter dem Ministerium Hohenwart-Jirecek gab er
glänzende Beweise von seiner Verfassungstreue. In der Debatte über die Wahlreform im Her-
renhause hat sich Erzbischof Hackmann ebenfalls hervorgetan ; seine bekannte Rede war ein
glänzendes Plädoyer für die Verfassungspartei.26
Metropolitanordnung & Kirchenkongressfrage
Auf gesamtstaatlicher Ebene war Wien während der Ära Hackmann hauptsächlich
an einer stabilen Neuordnung bzw. Positionierung der orthodoxen (nicht unierten)
Kirche(n) interessiert. Darin entzündeten sich kircheninnenpolitisch nicht nur bereits
vorhandene Spannungen mit dem serbischen Patriarchen von Karlowitz (heute serb.
Sremski Karlovci / Сремски Карловци)27 zur Frage einer gemeinsamen (zunächst noch
serbisch-) rumänischen Metropolie. Es zeichnete sich außerdem die 1867 vollzogene
Reichsteilung in ihren Konturen ab. In der Bukowina und bezogen auf die Amtsperiode
Hackmanns betraf das im Kern die Anstrengungen zu einer generellen Modernisierung
bzw. Neuordnung der Diözese. Diese lassen sich vor allem in den Diskussionen um die
Einführung eines Kirchenkongresses, der Frage nach dem Verfügungsrecht über den
Religionsfond sowie im Wunsch nach einer eigenen Metropolie greifen. Eine sichtbare
Öffentlichkeit erfuhr dieser Prozess in den nicht selten gegenteilig laufenden Bestre-
bungen bzw. Motivationen der beiden ›rumänisch‹ orthodoxen, nicht unierten Bischöfe
der Monarchie dies- wie jenseits der Karpaten, Eugen Hackmann und Andrei Schaguna.
Im östlichen Europa stand zur Mitte des 19. Jahrhunderts – wie es sich hier am Bei-
spiel der Bukowina zeigt – die Religion in einem konstanten Spannungsfeld zwischen
Imperium (der Habsburgermonarchie) und nationalen Ideen (i.e. jeweils jener der Ru-
mänen und Ruthenen).28 Hierbei handelte es sich um kein einseitiges Verhältnis. Nicht
über den Dualismus hinausgehend – durch eine Föderalisierung der Kronländer das Gesamtstaats-
problem der Monarchie zu lösen versucht hatte.
26 Neue Freie Presse Nr. 3104 v. 15.IV.1873, S. 1 (Politische Uebersicht). Alexander v. Petrino, Groß-
grundbesitzer aus der Bukowina, galt unter der Regierung Hohenwart bis zu seinem Ausscheiden als
Reichsratsabgeordneter im Jahr 1873 als aktiver Verfechter einer föderalistischen Politik.
27 Seit 1848 führte der dortige Erzbischof den Titel eines Patriarchen ; in dem bis 1918 zur Habsburger-
monarchie gehörenden Syrmien bestand ein Erzbistum seit 1713.
28 Schulze-Wessel 2006, Nationalisierung, 12.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439