Seite - 122 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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122 Die Institution: Struktur & Werte
nur, dass die Religion als Legitimationsressource seitens des Imperiums betrachtet und
dass die Loyalität der Kirchenobrigkeit gegenüber dem Staat seit Joseph II. unbedingt
eingefordert wurden. Vielmehr bezog auch die Kirchenhierarchie sowie ihre eigene Ver-
fasstheit daraus in umgekehrter Weise Legitimität. So überrascht es wenig, wenn ge-
rade eine führende Wiener Tageszeitung wie die Neue Freie Presse in ihrem Nachruf
auf Hackmann die Verfassungstreue so pointiert herausstreicht. Zudem erlangte die
nationale Bewegung in der Bukowina trotz erster Impulse unter den Eliten um 1848
vergleichsweise erst spät eine breitere Basis. Das war für eine vormodern agrarisch
strukturierte Bevölkerung nicht außergewöhnlich. Emanuel Turczynski resümiert diese
Situation folgendermaßen : »Unter dem Einfluß einer sozial differenzierten, nach Wien
orientierten rumänischen Oberschicht, die mit Hilfe ihrer vorherrschenden Stellung in
Kirche, öffentlichem Leben und Verwaltung die ruthenische Grundschicht überlagerte,
wurde die Nationalisierung der Rumänen wie der Ruthenen weitgehend retardiert und
durch das zu den außerösterreichischen Siedlungsgebieten der Rumänen und Ruthenen
geschaffene Sozial- und Kulturgefälle beeinflußt.«29
Auch wenn die Revolution von 1848 der nationalen Frage der rumänischen Unterta-
nen der Habsburgermonarchie Leben eingehaucht hatte, so blieb zunächst die nationale
Renaissance doch noch weit entfernt von einer einigermaßen monolithischen Struk-
tur, wie das in diesem Zusammenhang ansonsten gerne gegenteilig vermutet wird.30
Die nicht zur Union gehörenden orthodoxen Rumänen des Reiches formten dabei zwei
räumlich definierte Lager, jenes in Siebenbürgen und jenes der Bukowina. In Siebenbür-
gen fanden sich die Rumänen außerhalb der anerkannten und damit rechtlich besser ge-
stellten historischen Nationen, obwohl sie vielerorts die eigentliche Mehrheitsbevölke-
rung bildeten. Ihre Elitenstruktur war vergleichsweise klein.31 In der Bukowina verfüg-
ten die Rumänen indes nicht nur über eine Majorität unter den Bewohnern (wenngleich
mit regionalen Differenzierungen), sondern ihnen stand auch eine ebenso anerkannte
wie politisch aktive und einflussreiche Oberschicht zur Seite.32
Für die orthodoxe nicht-unierte Kirche Siebenbürgens und ihr Anliegen um recht-
liche Gleichberechtigung der Rumänen als Nation stand vor allem der 1848 inthroni-
29 Turczynski 1976, Konfession, 163 ; auf die Außenwirkung bzw. die Bedeutung der Nationalstaats-
bildung etwa am Beispiel Rumäniens ist hier nicht weiter einzugehen ; dieser Aspekt spielte jedoch in
der nationalen Entwicklung der Bukowina eine entscheidende Rolle. Turczynski hob darin das auch
den Zeitgenossen bereits bewusste Gefälle jenseits der Grenze besonders hervor ; Scharr 2016, An-
deren.
30 Hitchins 1977, Orthodoxy, 7 ; Maior 2006, Habsburgi, bes. 37–48 u. 59–62 ; Maior nimmt vorwie-
gend auf Siebenbürgen Bezug.
31 Im Überblick dazu Bolovan 2000, Transilvania.
32 Turczynski 1993, Geschichte, bes. 72–88.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439