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150 Die Institution: Struktur & Werte
Stellen, beispielsweise von Landesausschüssen, im Dreischritt Landespräsident
– Minis-
terium
– Kaiser.125
Die Übergangsphase, wie Bischof Hackmann die – einleitend zum Kapitel – mehr
als zwei Jahrzehnte dauernde Periode seit den 1848er Jahren bezeichnete, brachte eine
Reihe von richtungsweisenden Neuerungen für die gr.-orient. Kirche der Bukowina mit
sich. Es hat sich dabei deutlich aufzeigen lassen, dass eine klare Trennung der grund-
sätzlichen Fragen zur innerkirchlichen Organisation – wie sie zum einen in der Dis-
kussion um den Kirchenkongress angeklungen ist – und der zunächst oberflächlich be-
trachteten Frage nach der Verwaltungsstruktur des Religionsfonds zum anderen wenig
sinnvoll erscheint. Die von Hackmann gegen eine gemeinsame Metropolie mit Sieben-
bürgen angeführten Argumente kreisen – abseits rein kanonischer Aspekte – einerseits
immer wieder um die eigentliche Machtbasis der gr.-orient. Kirche der Bukowina, den
Religionsfonds. Andererseits jedoch ebenso um die hier erstmals auch für Zeitgenos-
sen wie den Bischof spürbare Sprengkraft nationaler Aspirationen, die auf diesen Fonds
nicht nur seiner primär wirtschaftlichen Bedeutung wegen schielten, sondern darin
folgerichtig auch eine zentrale Stellschraube für die Geschicke der Provinz und damit
deren machtpolitischen Verhältnisse erkannten. Hatte Hackmann hier noch versucht,
den aufdämmernden Problemen durch seine dezidierte Verfassungstreue von oben her
den Nährboden zu entziehen und damit freilich gleichzeitig seine hierarchische Stellung
zu konservieren, so bot sich seinen Amtsnachfolgern bereits ein gänzlich verschobener
Handlungsspielraum. Die allmähliche nationale Aufladung der ökonomischen Basis der
gr.-orient. Landeskirche als ›rumänisches‹ Erbe und gleichzeitig der andererseits kon-
fessionell begründete Anspruch der orthodoxen ruthenischen Bevölkerung auf Mittel
dieses Fonds blieben bis zum Zusammenbruch der Monarchie für die Bukowina bestim-
mend. Gleichwohl versuchte die Staatsverwaltung aus wirtschaftlichen wie aus ideellen
Gründen der
– zumindest in Cisleithanien im Sinne der hier nach 1867 weiterlebenden
–
Gesamtstaatsidee einen Ausgleich zwischen den Gegensatzpaaren zu bewerkstelligen.
Kirchliche Strukturen und mit ihnen die (Erz-)Bischöfe des Kronlandes unterstützen
dieses Anliegen jeweils oder arbeiteten dem entgegen. Der Übergang blieb allerdings
auch hier ein fließender.
125 DACZ 3/1/3865, fol. 1, Landesausschuß Herzogthum Bukowina, E. Hormuzaki an Landespräsi-
denten v. 22.V.1873 ; Ministerium für Cultus und Unterricht an Landespräsidenten v. 18.VII.1873 ;
im vorliegenden Fall betraf die Anfrage des Ausschusses ein Darlehen aus Religionsfondsmitteln
(in Summe 42.500 fl. zu 3%) zum Ankauf von Realitäten für die landwirtschaftliche Lehranstalt in
Czernowitz, das mit allerhöchster Entscheidung auch bewilligt wurde.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439