Seite - 158 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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158 Die Institution: Struktur & Werte
später – ganz im Sinne von Andriewicz – durch ein ausführliches Gutachten über die
Kirchenautonomiefrage hervor.148
Am 9. Februar 1869 kam es schließlich während einer Konsistorialsitzung zum Eklat.
Der Erzpriester Constantin Popowicz hatte versucht, den notwendigen geistlichen ›Mit-
kommissars‹ für eine durch das Landespräsidium eingesetzte Disziplinarkommission
vorzuschlagen, um anderen zuvorzukommen. Popowicz, der im Rang niedriger stand
als die anwesenden Konsistorialräte, wurde jedoch vom Vorsitzenden, dem Archiman-
driten Theophil Bendella, mit dem Hinweis abzuwarten, zurechtgewiesen. Daraufhin
fühlte sich Popowicz »nicht als Rath, sondern als fünftes Rad« des Konsistoriums be-
handelt und wandte sich mit mehreren ausführlichen Begründungsschreiben für sein
ihm von dritter Seite als ›Ausschreitung‹ vorgehaltenes Verhalten während der Sitzung
direkt an den Bischof.149 Die eigentliche Ursache dafür findet sich in einem zu diesem
Zeitpunkt schon länger schwelendem Konflikt zwischen Morariu, der seit 1866 dem
Konsistorium angehörte, und dem Bischof selbst. Die geforderte Disziplinarkommis-
sion, an der sich die Emotionen von Popowicz entzündeten, hätte eine Untersuchung
der Vorwürfe gegen Morariu und ein weiteres geistliches Mitglied des Konsistoriums,
Johann Zurkanowicz150, einleiten sollen. Popowicz, der sich in der »Rolle des Advokaten
für Andriewicz und Zurkanowicz« sah, beschuldigte den Konsistorialsekretär Schön-
bach151, »ein Laie fremder Confession«, einer Meinung mit Bendella zu sein und eigent-
lich auf die Absetzung zweier Mitglieder des Konsistoriums hinzuarbeiten. Gleichzeitig
drohte er gegenüber dem Bischof mit der großen Popularität der beiden betroffenen
Räte, für sie stünden seiner Ansicht nach »eine weit ausgebreitete und verzweigte Ver-
wandtschaft, der größere Teil des Klerus, der ganze Adel und die romanische Intelli-
genz« ein. Auch – so Popowicz im selben Schreiben weiter – sei es »Andriewicz unbe-
schieden, daß er sich in den Reichsrath wählen ließ gegen den Willen Eurer Excellenz,
daß er sich daselbst durch seine Reden und Thätigkeit hervor zu thun sucht und daß er
im Bewußtsein alles dessen und seiner sonstigen auch literarischen Verdienste […] die
er aufweisen kann, lüsterne Augen auf das Bisthum wirft, während ein Anderer da ist,
der ein Erbrecht darauf zu haben glaubt«.152 Damit griff Popowicz direkt den amtieren-
den Archimandriten Bendella an.
148 DACZ 320/3/70, fol. 91–123 ; Joan Kalinczuk, Gutachten Kirchenautonomie, Czernowitz v. 18./30.
IV.1864.
149 DACZ 320/3/2901, fol. 153f., Popowicz an Hackmann, Czernowitz v. 6./18.II.1869, sowie fol.
163f./169–172, Popowicz an Hackmann, Czernowitz v. 14./26.II.1869.
150 Konsistorialrat und Pfarrer in Alt-Mamajestie sowie Mitglied des Vereins für Landeskultur.
151 Vgl. Abb. 13.
152 DACZ 320/3/2901, fol. 153f. (s. Anm. 24).
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439