Seite - 180 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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180 Die Institution: Struktur & Werte
Ungerechtigkeiten auf kirchlichem Gebiete vorbringen und bitten, daß Seine Majestät geruhen,
die Bukowinaer orthodoxe Diöcese in zwei orthodoxe Diöcesen zu theilen : in eine ruthenische
und eine walachische Diöcese, oder wenigstens eine Theilung des Consistoriums.246
Die Versammlung verabschiedete alle Anträge zugunsten der Rus’ka Rada einstimmig.
Es war offensichtlich, dass Pihuliak, wie schon sein Vorredner Smal-Stockyj, damit die
noch kaum nationalisierten Bauern politisch zu mobilisieren gedachte. Die politische
Sprengkraft der fraglos in der Bukowina weit verbreiteten sozialen Missstände ließ sich
dergestalt leicht auf vermeintlich gezielt nationale Benachteiligungen der Ruthenen
übertragen. Aus Sicht der rumänisch dominierten Kirchenhierarchie und rumänisch
politischer Kreise glaubte man wiederum, darin eine potentielle Gefahr für das ebenso
vermeintlich eigene nationale Erbe, die Kirche (und den Religionsfonds), am Horizont
aufsteigen zu sehen. Die rumänische Zeitung Patria [Vaterland] druckte in Auszügen
die in den Ansprachen »gegen die rumänischen Priester abgeladenen Abscheulichkei-
ten« des »Ausländers« (rum. veneticul) Smal-Stockyj und des »Zigeuner Renegaten«
(rum. ţiganul renegat) Pihuliak.247 Zwischenzeitlich hatte das erzbischöfliche Konsis-
torium auf diese »in unerhörte Leidenschaftlichkeit ausgearteten Verunglimpfungen
gegen die gr.-or. Curatgeistlichkeit« entsprechend empfindlich reagiert und drohte mit
einer gerichtlichen Klage.248 Die in der Folge vom Konsistorium angerufene Staatsan-
waltschaft sah indes keinen ausreichenden Anlass zur strafrechtlichen Verfolgung des
Abgeordneten Pihuliak.249 Schließlich schien das Landtagsmitglied selbst doch noch
einzulenken – Pihuliak sah sich wohl mit der Ernennung von Jeremijczuk zum Uni-
versitätsprofessor ebenso bestätigt – und drückte in einem persönlichen Schreiben den
Metropoliten seine Hoffnung aus, in ihm – dem adressierten Kirchenhierarchen – ei-
nen »Friedensstifter« zu finden.250 Das (rumänisch dominierte) Konsistorium wollte
allerdings von seiner Haltung vorerst noch nicht zurückstehen und empfahl dem Erz-
bischof, mit seiner ›Vergebung‹ abzuwarten, bis ein öffentlicher Widerruf von Pihuliak
erfolgt sei. Erst dann wollte das Konsistorium seine Klage zurückziehen.251 Innerhalb
der rumänischen Fraktion der gr.-orient. Kirche, wie etwa seitens des Kirchenrechtlers
246 Vgl. Anm. 28, fol. 136f.
247 Das rumänische Blatt Patria [Heimatland] brachte eine Übersetzung des Beitrages aus der rutheni-
schen Буковина ; Nr. 231 v. 23.I./5.II., 2 und Nr. 232 v. 27.I./8.II.1899, 2.
248 DACZ 320/3/4, fol. 109–120, hier fol. 115 u. 119, Sitzungsbericht des Konsistoriums v. 11./23.
VI.1898.
249 DACZ 320/3/4, fol. 164, Landespräsidium an Konsistorium v. 16.VII.1898 ; fol. 165, Konsistorium
an Landespräsidium v. 7./19.VII.1898.
250 DACZ 320/3/67, fol. 57–59, Pihuliak an Erzbischof v. 25.II.1899.
251 DACZ 320/3/67, fol. 63, Konsistorium an Erzbischof v. 19./31.III.1899.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439