Seite - 219 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 219
ökonomischen Rahmenbedingungen bedingten Zuwächsen bzw. Teuerungen und derglei-
chen ab. Absolut gesehen verzeichneten, den Statuten folgend, die Kosten unter der Rubri-
zierung ›Kultus‹ den größten Zuwachs (1864 : 431.000 Gulden ; 1913 : 1.369.000 gerundet),
gefolgt vom ›Unterricht‹ (1864 : 65.000 Gulden, 1913 : 501.000 gerundet). Relativ gesehen
kletterten jedoch die Steigerungsraten für diese Posten bis 1913 wesentlich stärker auf über
700%, wogegen jene des Kultus nur knapp mehr als das Dreifache von 1864 erreichten.
Diese ansehnliche Differenz unterstreicht mithin mehr als deutlich die zunehmende Ver-
antwortung und die enge Verflechtung des Religionsfonds in/mit der sich sukzessive ver-
dichtenden Bildungslandschaft des Kronlandes, die zudem 1875 durch die Gründung einer
eigenen Universität alle (akademischen) Ausbildungsstufen, ausgehend von der Volks-
schule, anbot. Andererseits hatten sich zur Mitte des 19.
Jahrhunderts die meisten Kirchen
des Landes in einem beklagenswerten baulichen Zustand befunden. Selbst von den 85 über
das Patronatsrecht dem Religionsfonds als Grundherren unterstellten Pfarren verfügten
lediglich 25 über »aus hartem Materiale gemauerte Kirchengebäude«. Noch viel schlechter
stand es mit den Pfarreien privaten Patronats bzw. von Gemeinden. Das Konsistorium, das
diese Mängel minutiös in einem Bericht auflistete, schlug vor, dass der Religionsfonds die
notwendigen Gelder für die Herstellung der Kirchen und deren weiteren Bedürfnisse (Aus-
stattung, Kirchenbücher etc.) bereitstellen solle.17 Das dürfte mithin auch die erheblichen
Steigerungsraten in dieser Kategorie bis 1913 erklären.
Die Deckung für diese stetig steigenden Summen floss hauptsächlich aus den Erträgen
der Domänen und Forste, deren Zuwächse mit über 1000% (Basis 1864) selbst jene des
Unterrichts noch weit übertrafen.18 Auf die Forstwirtschaft und ihre mit Abstand zentrale
Rolle für die Finanzgebarung des Religionsfonds soll daher weiter unten noch näher ein-
gegangen werden. Außerdem hatte der Fond nach der Jahrhundertwende begonnen, z.T.
mehrheitliche Beteiligungen an den Bukowiner Lokalbahnen19 und an der aufstrebenden
Zuckerindustrie zu erwerben, die einiges an Profit einspielten und damit ebenfalls zum
Ausgleich des Budgets eine erkleckliche Summe beisteuerten.20 Bei Kriegsausbruch belie-
fen sich die Werteffekten des Religionsfonds auf mehrere Millionen Kronen.21
17 ÖSTA-AVA, Neuer Kultus NK akath. gr.-or. K 22, Entwurf ex 1859.
18 Anonymus 1864, Voranschlag ; Anonymus 1864–1881, Voranschlag (1875) ; Anonymus (1882–
1910), Voranschlag (1885, 1895, 1905 u. 1910) ; Voranschlag 1913 ; letzterer handschriftlich im
DACZ 320/1/4532 ; alle anderen liegen gedruckt mit Erscheinungsort Czernowitz vor.
19 Bukowinaer Post Nr. 3141 v. 10.V.1914, 6, Bukowinaer Lokalbahnen.
20 Bukowinaer Rundschau Nr. 3398 v. 19.VIII.1900, 1, Przeworsk-Chropin ; der Religionsfonds hatte
sich in die Zuckerfabriks-Actiengesellschaft mit 350.000 K, das Kronland selbst mit 100.000 K ein-
gekauft.
21 Allein die Beteiligungen beim galizischen Bankkreditverein, den Bukowiner Lokalbahnen, der
galizisch-bukowiner Zuckerindustrie, der Portland und Roman Zement, der Landesbank der
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439