Seite - 223 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 223
ausgaben besaßen diese Beiträge ökonomisch freilich kaum größere Relevanz, nicht so
allerdings aus politischer Perspektive. Dass der Fonds – trotz gelegentlich von ukrai-
nisch-nationaler Seite geäußerter Vorwürfe, mit derlei Zuweisungen in der Hauptsache
die Rumänen des Kronlandes zu bevorzugen
– dennoch nicht immer aus freien Stücken
zahlte, zeigt der Fall eines wohltätigen rumänischen Damenkomitees in Czernowitz, der
sich über mehrere Jahre hinzog. Im Jahr 1893 reichte das Comitetul societaţii doamnelor
române din Bucovina erstmals ein Ansuchen beim gr.-orient. Konsistorium mit der Bitte
um Finanzierung eines Sprachkurses in der Höhe von 1.200 Gulden ein. Das zustän-
dige Kultusministerium befürwortete »unter Hervorhebung des religiös-sittlichen und
confessionellen Moments, die diesem Sprachkurse abgeht, jedoch mit Rücksicht auf das
culturelle Streben des genannten Vereins« die Förderung auf drei Jahre. In der Folge er-
höhten sich die von Wien bewilligten Summen von 1.500 (1900), 2.500 (1901) auf 3.500
Gulden (1906)27 jährlich. Als 1909 neuerlich um eine Subvention von nunmehr aller-
dings 5.000 Gulden (10.000 Kronen) angefragt wurde, setzte sich das Konsistorium, das
damit schon zuvor nicht ganz einverstanden gewesen war, vor dem Hintergrund der ei-
gentlichen Zweckwidmung des Fonds und entsprechend dringender Kultusbedürfnisse
zur Wehr. Der Religionsfonds, so ein Vertreter des Konsistoriums, sei von derartigen
Ausgaben zu entlasten und Wien sollte »das Konsistorium bei der Abwehr solcher An-
sprüche an den Buk. gr. or. Religionsfonds geneigtest unterstützen«. Dennoch entschied
die österreichische Regierung auch diesmal wieder zugunsten der gemeinnützigen ru-
mänischen Institution, sagte allerdings kompromissbereit lediglich 2.500 Gulden zu. Bis
Sommer 1914 sollte sich dieses Karussell von Antrag und Bewilligung – stets im Sinne
des Antragstellers – noch mehrmals drehen.28 Mit Kriegsende nahm der Damenver-
ein seine Aktivitäten in Czernowitz von neuem auf. Er erhielt, soweit nachweisbar, zu-
mindest bis 1922 weiterhin Mittel des Religionsfonds zugesprochen. Die Weisung dafür
hatte jetzt allerdings die Bukarest unterstellte Kultusdirektion der Landeshauptstadt er-
lassen, eine Diskussion über die Zweckentfremdung blieb diesmal aus.29
27 Kronenäquivalent umgerechnet auf Gulden : 3.000 K.
28 DACZ 320/1/6880, fol. 1, Konsistorium an Landesregierung v. 28.I/9.II.1893 ; fol. 8f. Konsistorium
Prot.-Nr. 2345 v. 6./18.V.1898 ; fol. 10, Landesregierung v. 10.VII.1900 ; fol. 11, Erlass Landesregie-
rung v. 14.II.1901, Zl. 3557 ; fol. 14f., Landesregierung an Konsistorium v. 31.III.1904 ; fol. 15f., Kon-
sistorium v. 20.VI./3.VII.1906, fol. 20f., Konsistorium v. 30.VII.1909 ; fol. 23, Abschrift Czernowitz
15.VI.1910, Zl. 27288, Schuljahr 1909/10, Erlass Ministerium für Kultus und Unterricht Nr. 17050
v. 4.VI.1907 ; fol 24f., Landesregierung an Konsistorium v. 30.V.1912 ; zuletzt Landesregierung v.
28.VIII.1912, Zl. 42739, Erlass Ministerium für Kultus und Unterricht v. 20.VIII.1912, Zl. 37520.
29 DACZ 320/1/6880, fol 37, Direct. gen. pentru Culte N-rul 929/22 v. 23.III.1922 ; »15.000 Lei pe
seama fondului rel. ortod. buc. Tit. III Art. II ›Contribuiri‹«.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439