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Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 229
43% der Gesamtfläche des Kronlandes, bei einem absoluten Waldanteil im Jahr 1895
von 447.868 Hektar, lag die Bukowina in Österreich nach der Steiermark (48%), der
Krain sowie Kärnten (jeweils 44%) auf dem vierten Platz. Die räumliche Verteilung die-
ser Forste (80% Bergland und 20% Ebenen sowie Hügelland)42 lässt allerdings ein Struk-
turproblem der Bukowina erahnen : die schwierige und kapitalintensive Erschließung
bzw. die vergleichsweise zu westlichen Kronländern erst um die Wende zum 20. Jahr-
hundert allmählich spürbare Kapitalisierung der großen Waldflächen. Der Ausbau des
regionalen Eisenbahnnetzes in der Bukowina (1907 : ca. 530 km) sowie der Anschluss an
das europäische Bahnnetz (1867), die steigenden Holzpreise und laufende Investitionen
in die technische Forsterschließung zählten für die Inwertsetzung der Wälder, die zum
größten Teil zuvor kaum kostendeckend genutzt werden konnten, als entscheidende
Faktoren.43 So wies etwa die Grundsteuerregulierungskommission im Rahmen der
Katastralaufnahme um 1830 noch 224.000 Hektar des Landes, darunter vor allem die
Wälder, als weitestgehend unproduktive, daher nicht besteuerbare Fläche aus.44 Ein hal-
bes Jahrhundert später zeigt sich die sichtbar höhere Produktivität und die Effizienz in
der wirtschaftlichen Nutzung dieser Güter der Bukowina augenscheinlich im Abgleich
mit der benachbarten galizischen Fondsdirektion. Bei 294.000 (Direktion Lemberg) zu
228.000 Hektar Waldfläche (Direktion Czernowitz) erwirtschaftete letztere im Jahres-
durchschnitt aus ihren Forsten zwischen 1889 und 1893 annähernd 459.000 Gulden
Überschuss nach Abzug der Ausgaben, während die größeren galizischen Fondsforste
lediglich 390.000 Gulden verbuchen konnten.45 Schon aus diesem Vergleich erahnt
man die zentrale Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges nicht nur für den gr.-orient. Re-
ligionsfonds selbst, sondern für die Bukowina als Ganzes. Dementsprechend spiegeln
die aus den Fondsgütern erwirtschafteten Überschüsse im hier fokussierten Zeitraum
beachtenswerte Steigerungsraten wider. Lagen letztere von 1874 bis 1878 bei ungefähr
288.000 Gulden, so erzielte die Güterverwaltung für das Jahr 1895 allein einen Über-
schuss von gerundet 538.000 Gulden, der sich im Wesentlichen wiederum aus den Er-
trägen der Forstwirtschaft speiste. Nicht ohne Stolz strich das Ackerbauministerium in
42 Guzmann 1901, Forstwirtschaft, 102f ; Ackerbauministerium (Hg.) (1907), Holzproduktion, 4f.
43 Auf die zentrale Bedeutung des Eisenbahnanschlusses für den Holzabsatz verweist ein zeitgenössi-
sches Gutachten des Landespräsidiums ; DACZ 3/1/3213 Landespräsidium an Kultusministerium v.
29.IX.1869, fol. 56.
44 Ackerbauministerium (Hg.) 1907, Jahrbuch, 154ff.; ders. (Hg.) 1897, Verwaltung, 73f.; zu den
technischen Investitionen in unterschiedliche Bringungseinrichtungen (Bahnen, Straßen, Flöße,
Sägen etc.) vgl. Josef Opletal, Forstliche Bauinvestitionen im Bereiche der k.k. Direktion der Güter
des Bukowinaer griechisch-orientalischen Religionsfonds in Czernowitz ; in : Ackerbauministerium
(Hg.) 1907, Jahrbuch, 153–230.
45 Ackerbauministerium (Hg.) 1897, Verwaltung, 75.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439