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Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 233
der Minister die Vorwürfe weitgehend sachlich. Die Kritik war seinerseits insofern zu
relativieren, als sich die Forstverwaltung der Bukowina zu diesem Zeitpunkt mitten in
einem Umstrukturierungsprozess befand und noch vielorts improvisiert werden musste.
So fehlten etwa aufgrund der eingeschränkten Zugänglichkeit der meisten Wälder im
Gebirge nach wie vor befriedigende Kartenunterlagen. Die Forstbehörden mussten folg-
lich vorerst mit den im Waldbereich zu ungenauen Katasteraufnahmen vorliebnehmen
oder bei ihrer Arbeit auf die maßstäblich ungenügende Spezialaufnahme der Österrei-
chisch-Ungarischen Monarchie (M 1 :75.000) zurückgreifen.
Im Zeitraum zwischen 1840 bis 1898 hatte sich zudem das Netz der Forstwirtschafts-
bezirke sowie des Personals erheblich verdichtet.62 Der Minister unterstrich in seiner
Antwort den unmittelbaren finanziellen Beitrag des Fonds, etwa im Ankauf der ver-
schuldeten Montanwerke oder in Form der Geldzuweisungen bzw. Darlehen aus diesem
Topf an Private wie Gemeinden der Bukowina. Letztere beliefen sich in seinem Über-
schlag für die Jahre von 1859 bis 1895 immerhin auf mehr als acht Millionen Gulden.63
Unerwähnt ließ der Minister indes, dass sich der Staat als Verwalter des Fonds, wie im
Falle der schon mehrfach angesprochenen Montanwerke – obwohl meist zu Gunsten
des Landes –, ›bediente‹, um gleichzeitig den Einsatz von Budgetmitteln der Wiener
Regierung möglichst gering zu halten. Abschließend konnte sich der Ackerbauminister
einer Spitze in Richtung des Abgeordneten nicht ganz versagen. Zur 100-Jahr-Jubilä-
umsfeier der Vereinigung der Bukowina mit dem Habsburgerreich war eine gedruckte
Schautafel mit den Errungenschaften dieser Periode erschienen64, auf die ging der Minis-
ter am Ende seiner Darstellung näher ein :
Es ist selbstverständlich, daß im Laufe von hundert Jahren ein cultureller Fortschritt stattfin-
den muß ; daran wird niemand gezweifelt haben. Nichtsdestoweniger möchte ich den Herrn
Abgeordneten Stefanowicz bitten, sich dieses interessante Tableau unter Glas und Rahmen in
seinem Zimmer anzubringen ; es wird ihn erinnern, daß unter dem österreichischen Szepter
doch manches geschehen ist.65
62 Guzmann 1901, Forstwirtschaft, Tabelle B, 121.
63 Bukowinaer Rundschau Nr. 2336 v. 19.I.1897, 1ff., Rede des Ackerbauministers Grafen Lebedur als
Antwort auf die Rede des Abgeordneten Dr. Stefanowicz gehalten am 14.I.1897 ; Nr. 2337 v. 20.I.1897
(Fortsetzung), 1f.; auf die Angelegenheit Stephanowicz wird in Ackerbauministerium (Hg.)
1897, Verwaltung verwiesen, darin findet sich eine umfangreiche Darstellung von Verwaltung und
Wirtschaft des Fonds.
64 Mikulicz 1875, Kulturzustände.
65 Bukowinaer Rundschau Nr. 2338 v. 21.I.1897, 2 (Schluss).
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439