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292 Die Institution: Struktur & Werte
fielen allein 113 (mit 27.500 Hektar) auf Eigentum des Religionsfonds. Berechnet man
allerdings die darüber hinaus betroffenen Pfarren (mit weiteren 252 Liegenschaften ver-
teilt auf knapp 3.300 Hektar), die unabhängig vom Fonds erfasst wurden, mit ein, so ist
der kirchliche Beitrag zur Agrarreform in der Bukowina vergleichsweise groß.12 Diese
Situation erklärt sich mithin in der nach 1918 geschwächten Stellung der Metropolie ge-
genüber dem rumänischen Staat. Das bedingte, jedoch weitgehend konsensorientierte
Mitentscheidungsrecht der Landeskirche am Umgang mit dem Vermögen des Religi-
onsfonds, wie es vor dem Weltkrieg existiert hatte, war – wie schon dargestellt – durch
die Zentralregierungen in Bukarest erheblich eingeschränkt worden. Zudem verbuchten
die in der Provinz politisch entscheidenden nationalen Kreise um Ion Nistor nur allzu
gerne die Agrarreform in der Öffentlichkeit als eigenen Erfolg für die rumänische Sa-
che, hatte sie doch – aus dieser Perspektive – Eigentum, das sich bislang in vermeintlich
›fremden‹ Händen befand, der Nation zurückgegeben.13 Das beließ für die Kirche we-
nig Handlungsspielraum, dem offen zu widersprechen. Kritische
– wohl auch persönlich
enttäuschte – Stimmen wie jene des früheren Direktors der Bukowiner Religionsfonds-
verwaltung Georgi Sârbu warfen Bukarest unverhohlen vor, das betroffene Fondseigen-
tum im Mantel der Agrarreform bewusst weit unter Wert zu »Bagatellpreisen« angesetzt
zu haben.14 Selbst die Ablösungszahlungen des Staates an den Fond für die enteigneten
Grundstücke ließen mitunter Jahre auf sich warten.15 Teilweise dürften bei der Vergabe
der Fondsgründe zu derart günstigen Preisen auch handfeste politische Interessen von
Einzelpersonen eine entscheidende Rolle gespielt haben. So sollte etwa der unmittelbar
hinter Vatra Dornei gelegene ›Parcul Runcului‹, der zum Fondseigentum gehörte, eben-
falls enteignet und dann in der Folge mit einem vergleichsweise wertlosen Grundstück
im umliegenden Gebirge kompensiert werden. Dagegen opponierten allerdings nicht nur
Fondsverwaltung, Kurstadt und ihre Einwohner, sondern ebenso die Medien.16 Auf die
12 Doboş 1928, ani, 159.
13 Doboş 1928, ani, 156.
14 Sârbu 1931, Reflexiuni, XI ; eine Bestätigung dieser Aussage muss hier ausbleiben, allerdings lässt
sich zumindest der im Jahr 1928 angesetzte Hektarpreis für Religionsfondsgüter im südlichen Lan-
desteil (mit lokalen Unterschieden) zwischen 735 und 773 Lei beziffern ; ANR-B, FMAD, inv. 469,
pach. 39, fol. 1, Consilieratul Agricol Câmpolung an Casa centrală a improprietarii direcţiunea
funciară Bucureşti v. 4.X.1928 ; pach. 46, fol. 1 v. 26.VI.1928 ; dazu Şandru 1975, Reforma, 218–222.
15 ANR-S inv. 35/I, pach. 29–1938, fol. 1–4 ; MAD, Lichidarea definitivă v. 20.VI.1929 sowie FBis an
MAD v. 25.IX.1937 ; betreffend knapp 72 ha an Fondsgründen bei Cotul Ostriţa zum Preis von
81.700 Lei, deren ausständige Bezahlung der Fonds noch im 1937 beim Ministerium urgierte.
16 Ziarul Ţara Nr. 34 v. 21.III.1930, 3, Ancheta noastră în Bucovina. Pentru d. ministru al Domeniilor.
La ce se pretează administraţia Fondului bisericesc. Un schimb oneros de terenuri la Vatra Dornei care
trebue zădărnicit ; ANR-B, FMAD-CA (judeţe din Basarabia şi Bucovina), inv. 480, pach. 7–1924, fol.
4, Comisia Balneară Vatra Dornei an MAD Bucureşti v. 3.VIII.1930, worin sich die Kurkommission
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Titel
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Untertitel
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Autor
- Kurt Scharr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 447
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439