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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Page - 55 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

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Das Zentrum formiert sich 55 »Heute erhielten wir vom Arbeitsministerium die Verständigung, dass unser Institut bleihäl- tige Rückstände in Form feuchten Chlorides in einer Menge von rund 200 kg kostenlos er- halten könne […]. Ich habe natürlich sofort darum angesucht und danke Ihnen für Ihre da- hinter steckenden Bemühungen herzlichst. […] Vielleicht wären Sie so freundlich uns eine Probe des in Aussicht genommenen Ausgangsmaterials gleich zugehen zu lassen, es könnte dann Dr. [Fritz] Paneth, der die entsprechende Arbeit hier durchführen will, einige Vorversu- che damit machen und ihnen alle seine Wünsche im Detail zur Begutachtung unterbreiten.«124 Die Verbindung Meyers zur böhmischen Radiumindustrie war keine Einbahnstraße. Vielmehr erbrachte das Institut für Radiumforschung eine Reihe von Dienstleistungen für die Radiumindustrie und ließ sich diese Arbeit reich, wenn auch nicht immer in barer Münze, entlohnen. Die St. Joachimsthaler Präparate wurden im Institut gewo- gen, dosiert und geeicht.125 Die Eichung erfolgte in Absprache mit dem k. k. Ministe- rium für öffentliche Arbeiten vorerst unentgeltlich.126 Doch die Präparate standen während der Zeit, in der die Eichung vorgenommen wurde, am Institut für wissen- schaftliche Zwecke zur Verfügung. Die Kooperation mit der Radiumindustrie zahlte sich für das Institut auch in anderer Hinsicht aus. So bestimmten Meyer und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Radiumgehalt der St. Joachimsthaler Gesteins- proben, wofür ihm Ulrich entsprechend reine Erze schickte.127 Außerdem beriet Meyer Ulrich auch hinsichtlich der Preisgestaltung für radioaktive Produkte, die dieser wiede- rum dem Ministerium beziehungsweise dem k. k. Montan-Verkaufsamt vorschlug. Die Beratung stellte er Ulrich zwar nicht gesondert in Rechnung, doch er bat darum, seine Unterstützung mit einem »nicht zu karg zu bemessende[n] Äquivalent« radioaktiven Materials  – in diesem Falle handelte es sich um Actinium  – zu vergelten.128 Meyers gute Kontakte zur böhmischen Radiumindustrie und zur federführenden Ministerialbürokratie in Wien waren in Radioaktivisten-Kreisen wohlbekannt. Speziell Marie Curie hoffte durch Meyers Vermittlung den wachsenden Widerstand des k. k. Ministeriums für öffentliche Arbeiten gegen Pechblendeexporte nach Frankreich zu überwinden. Trotz einer Intervention der k. k. Außen- und Innenministerien zuguns- 124 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 20, Fiche 321 : Meyer an Ulrich, undatiert [Frühjahr 1912]. 125 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 20, Fiche 320 : Ulrich an Meyer vom 3.1.1911 ; ebd., K 20, Fiche 322 : Meyer an Ulrich vom 26.7.1913. Meyer beriet Ulrich auch während des Krieges hinsichtlich der Eichung und Preisgestaltung. Siehe AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 20, Fiche 323 : Meyer an Ul- rich vom 24.6.1915. 126 Vgl. Braunbeck 1996, 103. 127 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 20, Fiche 322 : Meyer an Ulrich vom 30.11.1912 ; siehe auch Souczek, Messungen, zitiert bei Bischof 2004, 76–77, 81. 128 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 20, Fiche 322 : Meyer an Ulrich vom 25.10.1913.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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