Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Naturwissenschaften
Chemie
Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Page - 56 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 56 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

Image of the Page - 56 -

Image of the Page - 56 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

Text of the Page - 56 -

Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–191856 ten Curies hatte das k. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten ihre Bitte zu Beginn des Jahres 1909 ausgeschlagen, zehn Tonnen Uranerzlaugrückstände zum Preis von 1.000 Kronen pro Tonne bereitzustellen.129 Seit das Ministerium die industrielle Radiumpro- duktion verantwortete und Österreich-Ungarn zu einem Monopolisten im Radium- handel aufgestiegen war, nahmen die k. k. Ministerialbeamten in Wien die französische Wissenschaftlerin zunehmend als Konkurrentin um den knappen Rohstoff Pechblende wahr. Es sollten daher keine Rückstände mehr an Frankreich abgegeben werden, und auch der Verkauf von Pechblende zu Versuchszwecken wurde auf eine Menge von maximal 50 Kilogramm beschränkt.130 Erst im darauf folgenden Jahr erteilte das k. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten die Erlaubnis, wenigstens 300 Kilogramm Uran- erzlaugrückstände zum Preis von 4.580 Kronen nach Paris zu schicken.131 Doch Marie Curie wollte sich damit nicht zufrieden geben. Ihr Ziel war es, das von ihr entdeckte Polonium als Element zu isolieren und chemisch zu identifizieren. Mit Meyers Fürsprache hoffte sie, über das Ministerium doch noch an das erwünschte Material zu gelangen.132 Der Radioaktivistengemeinschaft außerhalb Frankreichs blieb ihre Vorgehensweise, große Mengen radioaktiven Materials zu horten, ebenfalls nicht verborgen. Britische und US-amerikanische Kollegen kritisierten Curies Akkumulati- onsstrategie scharf. Der Sympathie und Kooperationsbereitschaft der Wiener Radioak- tivisten konnte Marie Curie sich aber sicher sein. Dankbar erinnerte sich Meyer an die Großzügigkeit der Eheleute Curie, »als es ja auch die uneigennützige Zuwendung einer kleinen Probe Ihrer ersten Präparate war, die es uns 1899 ermöglichte unsere ersten Untersuchungen auf diesem Gebiete zu machen«.133 Sein Angebot, ihre Forschung zu Polonium in Wien durchzuführen, schlug Marie Curie aus : »Mes occupations me retiennent à Paris, et, de plus, on doit y commencer prochainement la construction d’un Institut de Radioactivité. Il me semble peu probable que les résidus conte- nant du polonium dont vous me parlez dans votre lettre, soient suffisants pour avancer la question plus que nous ne l’avons fait ici les derniers temps.«134 129 Vgl. ÖStA, AVA, k. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten, Staatliche Montanverwaltung, F. 825 : Ra- dium. Curie Frau Prof. Paris Uranerzlaugrückstände vom 15.1.1909. 130 MC, ALC, Fiche 2469 : k. k. Berg & Hüttenverwaltung St. Joachimsthal an Curie vom 2.10.1908. 131 Bibliothèque Nationale de France, ab sofort : BNF, Correspondance M. Curie-I, NAF 18452, Bl. 82 : k. k. Berg & Hüttenverwaltung St. Joachimsthal, Rechnung über 300 kg Uranerz-Laugrückstände zu 4580 K vom 18.3.1910. 132 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 22, Fiche 348 : Curie an Meyer vom 23.10.1910. Vorausgegangen war die jahrelange Kontroverse mit Willi Marckwald um die chemische Natur des von diesem behaup- teten Radiotellurs. Vgl. Boudia 2001, 124–128. 133 BNF, Pierre et Marie Curie Lettres reçues, NAF 18458, Fiche 62–63 : Meyer an Curie vom 16.2.1907. 134 AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 22, Fiche 348 : Curie an Meyer vom 23.10.1910.
back to the  book Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)"
Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kerne, Kooperation und Konkurrenz