Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Naturwissenschaften
Chemie
Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Page - 60 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 60 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

Image of the Page - 60 -

Image of the Page - 60 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

Text of the Page - 60 -

Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–191860 der β-Strahlen. Angehörige ihres Instituts untersuchten Zerfallskonstanten, Halbwerts- zeiten und Symmetrieeigenschaften der in Paris entdeckten radioaktiven Substanzen. Auch zu den chemischen Eigenschaften der Radioelemente und zur Absorption der Strahlung wurde in Paris gearbeitet. Schließlich gehörte die Herstellung möglichst reiner radioaktiver Substanzen zum Aufgabenspektrum des Labors.153 Ein solch weites Spekt- rum an Fragestellungen zu bearbeiten, war in einem Land wie Spanien, das an der Peri- pherie Europas lag und in dem die physikalische Forschung durch eine »Kultur des Mangels« gekennzeichnet war, nicht möglich.154 Da starke Radiumpräparate fehlten, konzentrierte sich die Forschungsarbeit darauf, die atmosphärische beziehungsweise Umweltstrahlung zu untersuchen. Der Hauptvertreter der frühen spanischen Radioakti- vitätsforschung, José Muñoz del Castillo, hatte 1903 vergebens versucht, Pechblende aus Österreich-Ungarn zu beziehen, um daraus radioaktive Proben herzustellen. Er schei- terte an dem mittlerweile verhängten Ausfuhrstopp des k. k. Ackerbauministeriums. Daraufhin untersuchte Muñoz del Castillo in seinem Labor für Radioaktivität an der Universität von Madrid radioaktive Wässer, bevor er sich schließlich den Möglichkeiten einer landwirtschaftlichen Nutzung radioaktiver Strahlung zuwandte. Seine zunächst auf Spanisch verfassten Publikationen wurden im Ausland kaum wahrgenommen. Muñoz ging 1909 schließlich dazu über, seine Beiträge sowie bedeutende Fachartikel von Drit- ten ins Französische übersetzen zu lassen und in der hauseigenen Zeitschrift »Boletín del Laboratorio de Radioactividad« zu veröffentlichen.155 Während man in Berlin und in anderen deutschen Universitätsstädten den Schwer- punkt auf die Erforschung des Thoriums legte, wurde an der Universität und der Technischen Hochschule Wien ein breites Spektrum radioaktiver Themen bearbeitet. Am Institut für Radiumforschung wurden bevorzugt die verschiedenen Glieder der Radiumreihe untersucht. Im Vergleich zu den zahlreichen Wiener Publikationen waren die deutschen Universitäten in der Peripherie Österreich-Ungarns in Sachen Radioak- tivitätsforschung weniger produktiv. In Innsbruck, Graz und an den deutschsprachi- gen Universitäten und Hochschulen in Prag, Brünn und Czernowitz führte nicht nur die Belastung durch Lehre und administrative Pflichten dazu, dass die Forschenden dort sehr viel seltener zu radioaktiven Themen publizierten. Auch die im Vergleich zu Wien schlechtere materielle Ausstattung, zu der auch die Versorgung mit starken Radi- umpräparaten zählte, spielte eine Rolle. Der gelegentliche Verleih schwächerer Präpa- rate über das Netzwerk der Exner-Schüler konnte an diesem strukturellen Ungleichge- wicht nur wenig ändern. 153 Vgl. Schürmann 2006, 35. 154 Vgl. Glick 1988, 367–372. 155 Vgl. Herran 2008b, 327–329.
back to the  book Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)"
Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kerne, Kooperation und Konkurrenz