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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Page - 268 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

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Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945268 schaftlichen Ziele des Vierjahresplans ausrichten sollte. Im Frühjahr 1942 begann Al- bert Speer, der kurz zuvor berufene Reichsminister für Bewaffnung und Munition, unterstützt vom einflussreichen Präsidenten der KWG Albert Vögler, den RFR zu re- organisieren.165 Im Zuge dieser Umstrukturierungen stellten die für Rüstung zustän- digen Ministerien größere Summen für die naturwissenschaftliche Forschung be- reit.166 Dazu zählte auch die in den Augen Speers vernachlässigte Kernforschung.167 Reichserziehungsminister Rust übertrug die Federführung im Uranverein im Früh- jahr 1942 dem Jenaer Physiker Abraham Esau, der seit 1937 die Fachsparte Physik des RFR leitete und als überzeugter Nationalsozialist über gute Kontakte in die Industrie, zu hohen politischen Vertretern des nationalsozialistischen Staates und zur Luftwaffe verfügte.168 Als sich das Kriegsglück des Deutschen Reiches 1942/43 wendete, rückte auf der Suche nach einer Wunderwaffe der Bau einer Uranbombe möglicherweise doch wieder in den Fokus des Militärs.169 Offiziell ging es aber weiter darum, das Potenzial der Kernspaltung als zivil nutzbare Energiequelle zu erforschen. Das Projekt kam in Schwung, als der Münchener Physiker Walther Gerlach auf Betreiben Heisenbergs 1943 die Leitung der Fachsparte Physik im RFR übernahm. Als Bevollmächtigter des Reichsmarschalls für das deutsche Uranprojekt koordinierte er die am Uranverein be- teiligten Forschungsinstitute.170 Es gelang Gerlach, die rivalisierenden Projekte inner- halb des Uranvereins, allen voran die Gruppen um Heisenberg in Berlin beziehungs- weise Hechingen und um Kurt Diebner in Gottow, gleichermaßen zu unterstützen. Spätestens seit Beginn des Jahres 1944 hatte die Arbeit an der »Energiegewinnung aus der Atomkernspaltung« höchste Priorität.171 Die Wiener Gruppe um Georg Stetter erhielt bis in die letzten Kriegsjahre hinein beträchtliche finanzielle Zuwendungen seitens des RFR. Zwischen April 1943 und Mai 1944 wurden an die Physikalischen Institute der Universität Wien und das Institut für Radiumforschung 22.500 Reichsmark gezahlt. Es handelte sich um einen Betrag mitt- lerer Größenordnung, wie ihn etwa auch die Gruppen um Boris Rajewsky in Frankfurt, Klaus Clusius in München oder Kurt Diebner in Gottow erhielten.172 Im Rechnungs- jahr 1944/45 sollte das II. Physikalische Institut nach Kalkulationen Gerlachs noch 165 Vgl. Flachowsky 2008, 283–284. 166 Vgl. Weiss 2000, 711. 167 Speer, Erinnerungen, zitiert bei Flachowsky 2008, 286. 168 Vgl. Flachowsky 2008, 232, 243, 286. 169 Vgl. Karlsch 2005 ; Karlsch/Walker 2005. 170 Vgl. AMPG, I. Abt., Rep. 34 KWI für Physik, Moskauer Akten, Nr. 37 : Esau an Mitglieder des Uran- vereins vom 19.3.1943. 171 Vgl. Walker 2005, 26–27, 31. 172 Vgl. AIP, Samuel Goudsmit Papers, Series IV, Box 27, Folder 30 : Walther Gerlach, Abrechnung über die Zeit vom 1.4.43–1.5.44 vom 26.5.1944.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Subtitle
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Author
Silke Fengler
Editor
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
380
Keywords
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Categories
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Table of contents

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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