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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
1. Zensur und Förderung
Einleitung
Der Weg in die nationalsozialistische Mediendiktatur war listenreich gepflastert. Mit der
„Machtübernahme“ in Deutschland begann dort bereits ab 1933 ein rigider Prozess der
„Monozentrierung des kulturellen Sinns“,3 der das Funktionsspektrum der Literatur auf
ein ideologisch und machtstrategisch festgelegtes Propagandainstrument einschränkte.
Die Absicht, einen neuen Kanon durchzusetzen, bediente sich des abstrakten Kampfmit-
tels schwarzer und weißer Listen von SchriftstellerInnen und ihren Werken, sie waren die
Grundlage für exekutive Maßnahmen zur Vernichtung eines pluralen literarischen Systems,
das sich seit dem 18.
Jahrhundert herausgebildet hatte. In Österreich hingegen gab es noch
bis 1938 – wie die Bestandsaufnahme dieses Bandes in den Bereichen Vereine, Antholo-
gien und der Empfehlungs- und Verbotslisten belegt – eine allerdings bereits reduzierte
spannungsreiche Pluralität, die mit dem „Anschluss“ abrupt durch Einverleibung in die
deutsche Mediendiktatur endete. Daher ist die Darstellung dieser drei literarischen Institu-
tionen so konzipiert, dass nicht nur der Zustand ab 1938 dokumentiert wird, sondern auch
die Phase ab 1933, dass Vorgeschichte sichtbar wird.
Im Abschnitt Zensur und Förderung werden zunächst die
– allesamt bis 1938 erstellten
–
spezifisch österreichischen Listen behandelt, sie illustrieren insbesondere die von NS-
Deutschland unterstützten offensiven kulturpolitischen Initiativen der Nationalsozialisten
und die defensiven Maßnahmen im autoritären „Ständestaat“.
Das zweite Kapitel stellt die wichtigsten Zensur- und Förderungslisten Deutschlands
ab 1933 dar, die ab der Einführung der Reichskulturkammer-Gesetzgebung am 11.6.1938
auch für Österreich ausschließlich bestimmend waren. Die nicht öffentlichen „Verbots-
listen“ dokumentieren die in den Bücherverbrennungen vom Mai 1933 manifeste, unmit-
telbar nach der „Machtübernahme“ einsetzende Eliminierung des pluralen literarischen
Schaffens, die Spaltung des Systems, die „Scheidung der Geister“. Die zentralen Empfeh-
lungslisten seitens der mächtigsten Institutionen RMVP und Reichsschrifttumskammer, Par-
teiamtliche Prüfungskommission und Amt Rosenberg inthronisieren den neuen verordneten
nationalsozialistischen Kanon, der in der Gottbegnadeten-Liste vor Kriegsende seinen sakra-
len Höhepunkt erreicht. Die spartenbezogenen Empfehlungen im dritten Abschnitt waren
ökonomisch breitenwirksam an die Basis gerichtet: Pädagogen (Jugendschriften), Distribu-
toren (Buchhandlungen und Leihbüchereien) und Veranstalter von Lesungen.
Das abschließende Kapitel behandelt die zentralen Entnazifizierungslisten nach Kriegs-
ende, sie nennen jene AutorInnen und Texte, die als nationalsozialistisch betrachtet wurden
und sollten Grundlage für Sühnemaßnahmen sein.
3 Assmann87, 15.
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Title
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Subtitle
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Author
- Uwe Baur
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Size
- 17.3 x 24.4 cm
- Pages
- 478
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271