Page - 90 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Zand, der 1952 gemeinsam mit Ilse
Aichinger und Fritz Habeck einen der
drei vom Unterrichtsministerium ver-
gebenen Staatspreise für Literatur
erhielt,32 galt damals als vielverspre-
chendes und förderungswürdiges
Talent. Der Roman Letzte Ausfahrt
(1953) fand große Beachtung, da das
Leitmotiv, das im Untertitel Roman der
Eingekesselten anklingt, „sich sowohl
auf das historische, vom Kriegsgegner
eingeschlossene und vom deutschen
Hinterland abgeschnittene Königsberg
wie auf die menschliche Existenz
schlechthin“33 bezieht. Zand selbst hat
über den Entstehungsprozess geäu-
ßert, dass der Anlass, ein Buch über
den Krieg zu schreiben „das Leiden
[war], das ich mitansehen mußte und
die Erschütterung darüber, nicht etwa
die Versuchung ein sensationelles
Buch auf den Markt zu bringen, und ich habe auch auf alle Kunstgriffe dieser
Art verzichtet“.34
Ab 1966 fungierte Zand als stellvertretender Leiter der ÖGL und als solcher
von Kraus, nicht nur von seinem literarischen Werk her, sondern auch als Ver-
trauensperson besonders geschätzt, wie aus einem Brief hervorgeht: „Ein Trost
ist mir Dein Eintreten in die ‚Gesellschaft‘, denn alles zusammen wäre für mich
auf die Dauer im alten Stil nicht möglich. Gestern [...] wurde wieder sehr deut-
lich, daß die jetzige Wiener Besetzung ohne Aufsicht ganz fürchterliche Fehler
in aller Seelenruhe und im Gefühl tiefster Befriedigung begeht.“35
Kraus setzte sich als Nachlass-Verwalter 1970 für eine Gesamtausgabe ein,
die bis 1975 im Europa-Verlag erschien und deren fünf Bände er allein heraus-
gab.
32 Als Juroren saßen 1952 Oskar Maurus Fontana, Edwin Rollett und Rudolf Henz in der Jury.
33 Goltschnigg, Bartsch: Sozialgeschichtliche Voraussetzungen. In: Žmegač (Hg.): Geschichte der
deutschen Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, S. 745.
34 Interview mit Herbert Zand für Radio Beromünster, NL HZ, Sign.: 1/W/200/1. Zit. n. Andreas
Weber: Soldaten als Schriftsteller. Über drei österreichische Kriegsromane. In: Jürgen Egypti-
en (Hg.): Der Zweite Weltkrieg in erzählenden Texten zwischen 1945 und 1965. München:
Iudicium 2007, S. 194-210, hier S. 202.
35 Wolfgang Kraus an Herbert Zand, 31. Juli 1966, NL HZ, Sign.: 1/B30/20.
Abb. 3 Herbert Zand
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
90 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Title
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Author
- Stefan Maurer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 452
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437