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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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zu Protokoll gibt: „Viele mögen als Juden fortgegangen sein – wer kommt, kommt als Österreicher zurück!“281 Die staatlichen Stellen setzten keine Akzente, nur Viktor Matejka, welcher der KPÖ nahestand und zwischen 1945 und 1948 als Wiener Kulturstadtrat tätig war, sprach davon, dass er sich „die kältesten Füße seines Leben“ holte, als er versuchte, „alle diese wertvollen Österreicher zur Heimkehr einzuladen“.282 Mate- jka, selbst Überlebender des KZ Dachau, sowie Exponenten einer „Inneren Emigration“, darunter Otto Basil, Milan Dubrović und Oskar Maurus Fontana, befassten sich seit Ende des Zweiten Weltkrieges mit der Erschließung eines Exi- lanten-Netzwerks. Vor allem Matejka muss als die „Schlüsselfigur der sich neu formierenden österreichischen bzw. Wiener Kulturpolitik 1945–49 und Sprach- rohr einer Reintegration des kulturell-künstlerischen Potenzials des österreichi- schen Exils“283 gelten. Ausnahmen in der kulturpolitischen Praxis bildete etwa die Verleihung des „Großen Österreichischen Staatspreises für Literatur“ an Felix Braun (1951) und Martina Wied (1952). Als ein weiterer Grund für eine verhinderte Rückkehr dürfte auch der ökono- mische Zusammenbruch des Landes gelten sowie die prekäre Lage Österreichs, das als vierfach besetztes Land den Zwängen der Besatzungsmächte ausgesetzt war. Auch Kontinuitäten zur NS-Zeit blieben erhalten, da viele Posten im wis- senschaftlichen, intellektuellen, journalistischen und kulturellen Feld nach der gescheiterten Entnazifizierung mit ehemaligen Parteimitgliedern besetzt blieben. Die Institutionalisierung des Ausschlusses, die im „Dritten Reich“ gegen rassisch und politisch Verfolgte mobilisiert worden war, blieb vielen Exilantinnen und Exilanten unvergesslich und es stellt sich die Frage, ob sie wirklich zum Wieder- aufbau in ein Land zurückkehren wollten, das ihre Leistungen getilgt hatte. Inso- fern dürfte sich ein Großteil dem Land nicht mehr zugehörig gefühlt haben. Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit dem Exil war die Marginalisie- rung des faschistischen „Ständestaats“, der 1934 unter Engelbert Dollfuß und 281 Hans Weigel: Wir sind quitt. In: Wiener Kurier, 13.  Oktober 1945. An den sich noch im US-ame- rikanischen Exil befindlichen Friedrich Torberg schreibt er unter Bezugnahme auf diesen Arti- kel: „Wir haben auf beiden Seiten viel mitgemacht und die Chance gehabt, zugrunde zu gehen. Wir wollen einander nicht vorwerfen, wo der Prozentsatz grösser wäre. Wir können unsere Toten nicht lebendig machen. Wir wollen die Rechnung als abgeschlossen betrachten. – Das bezieht sich natürlich auch auf die Nazis.“ Hans Weigel an Friedrich Torberg, 28.  Februar 1946, NL FT. 282 Viktor Matejka: Widerstand ist alles. Notizen eines Unorthodoxen. Wien: Löcker 1988, S. 192. 283 Primus-Heinz Kucher: Zur Vielfalt und Spezifik Erster Briefe des österreichischen Exils. Kon- taktaufnahme von Exilanten (Angel, Bernfeld, Engel, Kramer, Polak, Zur Mühlen) zu literari- schen Netzwerkern und Freunden (Basil, Dubrovic, Fontana, Matejka). In: Ders., Johannes  F. Evelein, Helga Schreckenberger (Hg.): Erste Briefe/First Letters aus dem Exil 1945–1950. (Un) mögliche Gespräche. Fallbeispiele des literarischen und künstlerischen Exils. München: Ed. Text+Kritik 2011, 32–62, hier S. 35. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 157
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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