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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Austrofaschismus“ gebreitet, denn dies waren „wunde Punkte, an die man (auch sprachlich) nicht rührte“.76 Betrachtet man Kraus’ Konzeption unter literatur- historischen Gesichtspunkten, gehörte er wohl zu jenen breiten Kreisen, die in den 1950er Jahren die „gültigen Vorstellungen von guter und österreichischer Literatur“77 reproduzierten und die österreichische Zeitgeschichte zwischen 1934 und 1938 ausblendeten bzw. undifferenziert wahrnahmen. Dagegen war für Kraus die Aufarbeitung des Nationalsozialismus in der öster- reichischen Literatur wichtig, er betont hier stark die Aufgabe der Literatur, eine Mahnung gegen das Vergessen zu sein. So etwa in Zusammenhang mit Hans Leberts Die Wolfshaut (1960), der sich als einer der ersten österreichischen Roma- ne der kollektiven Verdrängung der nationalsozialistischen Verbrechen in Form eines mit expressionistischen Stilelementen durchsetzten Kriminalromans annimmt und bei seinem Erscheinen für Aufsehen sorgte, jedoch bald kaum mehr rezipiert wurde. Kraus hatte Leberts Buch auch für den Österreichischen Staatspreis für Roman im Jahr 1962 begutachtet und den Text „in die höchste Güteklasse“78 eingestuft. In dem Dorf „Schweigen“ haben Bewohner kurz vor Ende des Krieges Zwangsarbeiter erschossen, die „Mörder fallen nun ihrerseits einer geheimnisvollen Vergeltung zum Opfer“.79 Für Kraus war es ein „Roman, der uns auf die Gräber stößt, die nicht vergessen werden dürfen, da sie so oder so ihre Rolle in unserem Leben spielen. Und als Verdrängungsimpuls weitaus verhängnisvoller wie als Tatsache, der man sich stellt.“80 Leberts Roman mar- kiert „einen Wendepunkt in der literarischen Auseinandersetzung mit der poli- tischen Vergangenheit Österreichs“,81 dies dürfte auch Kraus bewusst gewesen sein, setzte er sich doch auch angesichts der Neuauflage des Romans in den 1990er Jahren für eine Buch-Präsentation ein, die aber nicht zustande kam.82 Auch über Erich Frieds Roman Ein Soldat und ein Mädchen (1960), der sich 76 Birgit Scholz: Bausteine österreichischer Identität in der österreichischen Erzählprosa 1945– 1949. Innsbruck, Wien, Bozen: Studien-Verlag 2007, S. 37. 77 Karl Müller: Die Bannung der Unordnung. Zur Kontinuität österreichischer Literatur seit den dreißiger Jahren. In: Friedrich Stadler (Hg.): Kontinuität und Bruch 1938 – 1945 – 1955. Bei- träge zur österreichischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Münster: Lit-Verl. 2004 (= Emigration – Exil – Kontinuität 3), S. 181–216, hier S. 181. 78 Jürgen Egyptien: Hans Lebert. Eine biografische Silhouette. Wien: Sonderzahl 2019, S. 175. 79 Klaus Zeyringer, Helmut Gollner: Eine Literaturgeschichte. Österreich seit 1650. Innsbruck: Studien-Verlag 2012, S. 639. 80 Wolfgang Kraus: Ein Ort heißt Schweigen. Hans Leberts bedeutender Roman-Erstling. In: Die Presse, 23.  Oktober 1960. 81 Joseph McVeigh: Kontinuität und Vergangenheitsbewältigung in der österreichischen Litera- tur nach 1945. Wien: Braumüller 1988 (= Untersuchungen zur österreichischen Literatur des 20.  Jahrhunderts 10), S. 217. 82 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 25.  März 1993, NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 214 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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