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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Page - 220 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

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lebendigen Geschehen der Politik und Kultur teilzunehmen, sorgten dafür, daß Friedrich Heer nie der Studierstube der Welt abhanden kam […]. Heer wurde lang- sam zum Phänomen […]. Alle Bücher [...] von Heer habe ich mit handgeschriebe- nen Privatregistern versehen, sie gehören zu meiner Lebenssphäre, sie sind in mein Denken eingegangen, sie haben mich umgeben, als ich meine eigenen Bücher schrieb, sie haben mich aufgerufen.100 Der „einzige österreichische Essayist und Historiker von Weltgeltung“,101 der in Österreich jedoch nie eine Professur erhielt und im Burgtheater als Dramaturg tätig war, verfasste u. a. Aufgang Europas (1949), Gottes erste Liebe. 2000 Jahre Judentum und Christentum. Genesis des österreichischen Katholiken Adolf Hitler (1967) – Kraus nannte es ein „bedeutendes Werk, das starken Anstoß dazu gibt, daß wir uns die Problematik unserer Tradition und unserer Gegenwart in einer neuen, erschreckenden Dimension bewusst machen“.102 Der Glaube des Adolf Hitler. Anatomie einer politischen Religiosität (1968) und Der Kampf um die öster- reichische Identität (1981) waren Werke, die sich wissenschaftlichen Kriterien weitgehend entzogen, „die gerade in seiner Zeit alle Gemüter bewegenden Metho- denfragen“103 tangierten Heer nicht, da er eher in Richtung essayistischer Dar- stellung tendierte. Für Kraus zeichnete Heers Wirken, wie er in einer Rezension über Europa. Mutter der Revolution feststellte, aus, dass dieser als Katholik keineswegs zu den- jenigen zählte, die es vermieden, an der Kirche Kritik zu üben und als Histori- ker den Mut hatte, „kritische Konsequenzen aus dieser Haltung zu ziehen, das heißt, die neuen Maßstäbe an so manche heute sehr erstaunlich wirkende Äuße- rungen der Kirche anzuwenden“; Kraus fand Heers Arbeiten „für die heutige europäische Selbsterkenntnis“ sowie „das Abschätzen unserer Zukunftsmög- lichkeiten von größter Wichtigkeit“.104 Vor allem in den 1980er Jahren wurden Kraus’ Bemühungen um den Anschluss an den Katholizismus stärker: Er solle sich „stärker katholisch profilieren“, schlug ihm Manès Sperber bei einem Treffen vor, da Kraus „da zu sehr am Rande“105 sei. In der Folge partizipierte Kraus an der Frühjahrskonferenz der katholischen 100 Wolfgang Kraus: Laudatio. In PEN-Information, 1981, Nr. 8, S. 36–38, hier S. 37  f. 101 Jean Améry: Präceptor Austriae. In: St.  Galler Tagblatt, 7.  Februar 1968. 102 Wolfgang Kraus: Christentum und Judenhass. In: Tages-Anzeiger, Zürich, 13.  Jänner 1968. 103 Vgl. Helmut Rumpler: Die Erlösung der Welt durch die „unsichtbare Kirche freier Geister“. Eine Begegnungsgeschichte zwischen Begeisterung und Entfremdung. In: Richard Faber, Sigurd Paul Scheichl (Hg.): Die geistige Welt des Friedrich Heer. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2008, S. 235–250, hier S. 240. 104 Wolfgang Kraus: Neu gesehene Vergangenheit. In: Basler National-Zeitung, 7.  Dezember 1964. 105 Ders.: Tagebuch, 17.  Mai 1981, NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 220 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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