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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Page - 264 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

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mit der Grammatik nicht zu Rande“ komme, eine „neue Poetik“ daraus mache, und „jeder, der nichts zu sagen hat, gebe das Nichtsagende als angeblich Unsag- bares von sich“: „Dieser ‚Schmäh‘ sei so alt wie die Literaturgeschichte. […] Er, Eisenreich, angesichts solcher Aktionen tatsächlich ein Reaktionär, sei trotzdem dagegen. Mit diesem Preis habe man mit ihm zugleich auch die schweigende Mehrheit ermutigt, dem alten Establishment vor allem schon deshalb den Rücken zu kehren, um dem neuen die Stirne zu bieten.“297 Thomas Bernhard verewigte die Preisverleihung literarisch und reflektierte über die Annahme des Preisgeldes: „Überhaupt hatte ich gedacht, daß der Mensch immer Geld annehmen solle, wo man es ihm anbietet und er solle niemals lan- ge herumfackeln über das Wie und Woher, alle diese Überlegungen sind doch immer nur nichts anderes als ausgewachsene Heuchelei“; er mokierte sich jedoch über die zu niedrige Summe, wo doch die Industrieellenvereinigung, so Bern- hard, den Preis „ohne daß sie es überhaupt merken würde, mit fünf Millionen dotieren könnte“.298 Die Verleihung des Wildgans-Preises fand nur eine Woche nach dem Eklat um die Verleihung des Staatspreises an Bernhard statt, weshalb Minister Theodor Piffl-Perčević, der in der Einladung zum Wildgans-Preis noch als Ehrengast angekündigt gewesen war, absagte. In den 1970er Jahren ging der Preis an Milo Dor (1972), Barbara Frischmuth (1973), Ernst Hinterberger (1974), Christine Busta (1975), György Sebestyén (1976) und Peter Henisch (1977). Die Verleihung an Henisch, der mit dem Roman Die kleine Figur meines Vaters Erfolge feierte, ging auf einen direkten Vorschlag von Kraus zurück: „[E]r machte einen guten Eindruck – möge das stimmen“,299 hielt er im Tagebuch fest. Henisch setzte sich in seiner Dankesrede polemisch mit der Beziehung zwischen Mäzen und Autor auseinander: „Wieso, fragen mich Freunde, verleiht ausgerechnet die österreichische Industrie ausgerechnet dir einen Preis? Ist ihr Interesse deines, ist dein Interesse ihres: das kann doch nicht wahr sein? Nun, sage ich, immer wenn ich meinen Steuerbescheid bekomme, merkte ich: ich bin ein freier Unternehmer. Wenn also freie Unternehmer, denen es besser geht, mir freiem Unternehmer, dem es schlechter geht, ein bißchen unter die Arme greifen, finde ich das nur billig und recht.“300 Im Jahr 1978 erhielt Kraus selbst den Preis für seinen Essayband Die Wieder- kehr des Einzelnen,301 während im folgenden Jahr ein anderer von Kraus prote- gierter Autor, nämlich Matthias Mander, für sein Roman-Debüt Der Kasuar 297 N.  N.: Kampfansage gegen das Modische. Der Anton-Wildgans-Preis wurde Herbert Eisenreich verliehen. In: Die Presse, 26.  Juni 1970, S. 4. 298 Thomas Bernhard: Meine Preise. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2009, S. 88. 299 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 12.  Dezember 1977, NL WK. 300 N.  N.: Außenseiter aus Passion. In: Die Presse, 11.  Mai 1978. 301 N.  N.: Wildgans-Preis an Wolfgang Kraus. In: Die Presse, 22.  März 1979, S. 5. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 264 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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