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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Page - 308 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

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als einem derjenigen „‚theresianischen Menschen‘“ gewidmet, die ihn inspiriert hätten, „Österreich zu verstehen“.46 Kraus arbeitete kontinuierlich an der Iden- tität der Zweiten Republik mit und sah sich in einer Reihe mit anderen zentra- len Akteuren der österreichischen Kulturpolitik nach 1945: „In einer […] Koin- zidenz waren [Alfred] Weikert im U[nterrichts]M[inisterium], [Ernst] Haeusserman an der Burg, [Herbert von] Karajan an der Oper, [Franz] Stoß in der ‚Josefstadt‘, [Fritz] Molden der Verlagskönig […] und ich der Literaturmann. Von diesen 5 Schlüsselfiguren waren 4 Altschotten. Und wie hat das meiste geen- det!“47 Weikert, Stoß, Haeusserman und Molden waren Kraus’ Schottengymna- sium-Clique, möchte man diesen Personenkreis an Intimi noch ergänzen, so muss man auch den damaligen ORF-Generalintendanten Gerd Bacher anführen. Kraus spielte seit den 1960er Jahren eine wichtige Rolle in der österreichi- schen Kulturpolitik, und seine Position sah er dabei folgendermaßen: „Kontakt- personen, Vermittler, Dolmetscher zwischen Staatsmännern, Politikern und Intellektuellen, Autoren, Künstlern, Figuren des Kulturlebens und der Massen- medien nötig – sie zu suchen, wurde jahrzehntelang (seit 45) vernachlässigt, versäumt. In Wien habe ich eine solche Rolle gespielt.“48 Die Entwicklung der österreichischen Kulturpolitik von den „dunklen 1950er Jahren“, als bei den Funktionären Einigkeit über die Abwehr gegen alles „Moder- ne“ herrschte und vor allem das „gedruckt und ausgezeichnet“ wurde, was man, wie Evelyne Polt-Heinzl konstatiert hat, als das „Überkommene“ bezeichnen kann,49 bis zirka Ende der 1980er Jahre, soll im Folgenden kursorisch skizziert werden. Nach 1945 waren die Schlüsselpositionen im Kulturbetrieb rasch wie- der in die Hände der „Übriggebliebenen“50 gelangt, um ein Diktum Milo Dors anzuführen, also jener Funktionäre, die bereits im Austrofaschismus mit Ämtern und Ehren ausgezeichnet worden waren. Die Demokratisierung und Entnazifi- zierung des Kulturbetriebs müssen als gescheitert gelten. Wie Joseph McVeigh festgestellt hat, wurde bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges das „Vorhanden- sein einer unbelasteten nicht-emigrierten Literatur“51 zum grundsätzlichen Prinzip der Kulturpolitik erhoben. 46 William  H. Johnston: Der österreichische Mensch. Kulturgeschichte der Eigenart Österreichs. Wien, Köln, Graz: Böhlau 2010 (= Studien zur Politik und Verwaltung 94), S. 5. 47 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 13.  Juni 1984, NL WK. 48 Ders.: Tagebuch, 9.  Juli 1986, NL WK. 49 Vgl. Evelyne Polt-Heinzl: Kulturskandale der 1970er Jahre. In: Dies. (Hg.): Staatsoperetten. Kunstverstörungen. Das kulturelle Klima der 1970er Jahre. Wien: Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur 2009 (= Zirkular Sondernummer 75), S. 9–42. 50 Milo Dor: Revolte der Mittelmäßigkeit. In: FORVM 1 (1954), H. 2, S. 18. 51 Joseph McVeigh: Kontinuität und Vergangenheitsbewältigung in der österreichischen Litera- tur nach 1945. Wien: Braumüller 1988 (= Untersuchungen zur österreichischen Literatur des 20.  Jahrhunderts 10), S. 120. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 308 Kontaktperson, Vermittler, Dolmetscher
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Title
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Author
Stefan Maurer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Size
15.8 x 24.0 cm
Pages
452
Category
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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