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dem ebenfalls angeführten Der Mantel (1959) einen Text in seine Liste auf,
der bereits einer avancierten modernen Darstellungsweise in der Nachfolge
des nouveau roman verpflichtet war. Wendelin Schmidt-Dengler hat festge-
halten, dass sich im Mantel das ankündigt, was Tumler für „viele zu einem
Autor der Moderne“ macht, der mit „deren Methoden nicht nur sympathi-
siert, sondern die daraus sich ergebenden technischen Möglichkeiten über-
denken will“.152
Mit Hilde Spiels Lisas Zimmer (1965) ist ein weiterer Exil-Roman vertreten,
der eng mit der österreichisch-ungarischen Vergangenheit verknüpft ist, und
Kraus selbst schrieb dazu in einer Rezension, dass der Text die „Tragik der Emigra-
tion von ihren psychischen Wurzeln her erkennbar“153 mache. Mit Letzte Aus-
fahrt (1953) und Erben des Feuers (1961) ist auch Herbert Zand vertreten. Von
Ilse Aichinger finden sich ihr einziger Roman Die größere Hoffnung (1948), der
das Schicksal und die Verfolgung des jüdischen Mädchens Ellen während des
Nationalsozialismus thematisiert, der Erzählband Eliza, Eliza (1965) sowie
Schlechte Wörter (1976).154 Mit Gerhard Fritschs Fasching (1967) hat Kraus einen
Text aufgenommen, der von der Kritik zum Zeitpunkt seines Erscheinens reser-
viert aufgenommen wurde, da er im Gegensatz zu dessen Moos auf den Steinen
(1956) nicht ein affirmatives, sondern kritisches Österreich-Bild entwirft und
dabei auch brisante Themen wie Desertion von Soldaten aus der Deutschen
Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs aufnimmt.155
Den Abschluss der Liste bilden fünf österreichische Nachwuchsautoren.
Zunächst ist Peter Rosei mit dem stark an Franz Kafka orientierten Roman Bei
schwebendem Verfahren (1973) sowie Wer war Edgar Allen? (1977) vertreten,
der um das Thema Identitätsverlust kreist. Gerhard Roth ist mit dem Amerik-
aroman Der große Horizont (1974) angeführt, der in der Tradition von Peter
Handkes Der kurze Brief zum langen Abschied (1972) steht. Mit Franz Innerho-
fers Schöne Tage (1974) ist wohl einer der bekanntesten Vertreter der kritischen
österreichischen Heimatliteratur vertreten. Des Weiteren finden sich Helmut
Zenkers Wer hier die Fremden sind (1973) und Gert Jonkes Geometrischer Hei-
matroman (1969), dem es „nicht bloß abstrakt um Ordnungsstrukturen der
152 Wendelin Schmidt-Dengler: Nachwort. In: Franz Tumler: Der Mantel. Frankfurt/M.: Suhrkamp
2008, S. 221–233, hier S. 224.
153 Wolfgang Kraus: Welt im Widerschein. In: Die Presse, 9. Oktober 1965.
154 Vgl. Klaus Kastberger: Überleben. Ein Kinderspiel – Ilse Aichinger: Die größere Hoffnung
(1948). In: Ders., Neumann (Hg.): Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945. Ers-
te Lieferung. Wien: Zsolnay 2007 (= Profile 14), S. 18–22.
155 Vgl. Wendelin Schmidt-Dengler: „Modo Austriaco“ – Gerhard Fritsch und die Literatur in
Österreich. In: Stefan Alker, Andreas Brandtner (Hg.): Gerhard Fritsch. Schriftsteller in Öster-
reich. Wien: Sonderzahl 2005, S. 25–33, hier S. 32.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Kulturkontaktstelle 331
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Title
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Author
- Stefan Maurer
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 452
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437