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Einleitung
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Wiederaufbau in Österreich nach 1945 vielfache inhaltliche und methodische Überschnei-
dungen zur der in dieser Arbeit vorgenommenen Auseinandersetzung mit der US-Reori-
entierung und deren Implementierung.
Ohne jede Notwendigkeit einer Abgrenzung – schließlich führen theoretische und
methodische Anleihen mitunter zu interessanten neuen Forschungsfragen – zeigt sich
hinsichtlich des gewählten Ansatzes aber doch eine wichtige Differenz. Den haupt-
sächlichen Unterschied zu den genannten Forschungsbereichen bildet der hier gewählte
Bezugsrahmen der Politik- , Diplomatie- und Gesellschaftsgeschichte sowie die durch-
gängige Orientierung der Analyse auf themenrelevante Aspekte realpolitischer Entwick-
lungs- und Entscheidungsverläufe im zivilen und militärischen Bereich , was auch durch
das vergleichsweise breite Primär- und Sekundärquellenmaterial deutlich wird. So gilt das
Hauptaugenmerk dieser Arbeit weniger den „Reorientation“-Diskursen und deren Inter-
pretation , sondern vielmehr deren Konnex zu den politischen und militärischen Planungs-
und Entscheidungsprozessen und deren konkreten Manifestationen , was im vorliegenden
Fall unter anderem anhand des Fallbeispiels des akademisch-universitären Wiederaufbaues
nachgezeichnet werden soll.
In diesem Sinne versteht sich die vorliegende Publikation sowohl hinsichtlich der the-
oretischen Grundannahmen als auch hinsichtlich der methodisch-analytischen Heran-
gehensweise als zeithistorische Studie im Bereich der „Cold War Studies“, die nach ihrer
Neuausrichtung Ende der 1990er-Jahre vermehrt multidisziplinäre sowie multiarchivali-
sche Ansätze integrierten und den Bezugsrahmen zunehmend auf die kulturelle37 „Ord-
nung der Dinge“ ( M. Foucault ), also auf die kulturelle Dimension des Kalten Krieges und
dessen spezifischer Relevanz erweitert haben.38 Der inhaltliche Schwerpunkt ist daher auf
demokratie- , kultur- und wissenschaftspolitische Zusammenhänge gerichtet , wobei sich
die zeitliche Einschränkung der Arbeit durch den Beginn der Reorientierungs-Planungen
und dem Ende ihrer besatzungspolitischen Umsetzung spätestens im Jahr 1955 ergibt.
Unter Einbeziehung der weit zurückreichenden wechselseitigen amerikanisch-europäi-
schen Zuschreibungen und Perzeptionen wird versucht , die Provenienz und die historische
Genese der US-amerikanischen Reeducation-Konzepte , ihre unterschiedlichen Bestim-
mungsmerkmale , Interessenslagen und Ergebnisse ebenso nachzuzeichnen , wie ihre spe-
zifischen Veränderungen und konkreten Implementierungen im Kontext der militärischen
2001 ; Uta Gerhardt , Talcott Parsons. An intellectual Biography , Cambridge 2002 ; Nils Gilman , Manda-
rins of the Future. Modernization Theory in Cold War America , 2003 ; George A. Reisch , How the Cold
war Transformed Philosophy of Science. To the Icy Slopes of Logic , New York 2005.
37 „Kultur“ verstanden als ein gültiges Sinnsystem oder die Gesamtheit der miteinander geteilten verhaltens-
prägender Bedeutungen für eine größere Gruppe von Menschen.
38 Odd Arne Westad meinte diesbezüglich : „New Cold War history is in its essence multiarchival in research
and multipolar in in anlysis , and , in the cases of some of its best practitioners , multicultural in its ability
to understand different and sometimes opposing mindsets.“ Odd Arne Westad , Reviewing the Cold War.
Approaches , Interpretations , Theory , London 2000 , 5.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741