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1. Images , Stereotype und Vorurteile
– Herkunft und
Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA
in Europa seit dem 18. Jahrhundert
„Zwei Österreicher und ein Amerikaner sitzen in der Eisenbahn. Die Österreicher
unterhalten sich übers Essen , Gewand und so weiter. Dabei jammern sie viel. Worauf der
Amerikaner sagt : ‚Ich verstehe nicht , wieso sich die Österreicher nur über solche banalen und ma-
teriellen Dinge unterhalten‘. Worauf die Österreicher fragten : ‚Und worüber unterhalten Sie sich ?’
Der Amerikaner antwortetet : ‚Wir reden über Kultur und Kunst.‘ Darauf bemerkte der
Österreicher : ‚Na ja , jeder redet halt über das , was ihm abgeht‘.“45
( Kolportierter Witz aus dem Nachkriegsösterreich )
“[ … ] the public mind [ is ] not as a uniform and persistent force such as the alleged national
character , or the public opinion much invoked by politicians. A nation shows a multitude of
characters ; there are forces striving to integrate them in unity , and others working for disin-
tegration. As a rule there is not a single public opinion , but a variety of divergent trends.” 46
Frederick Hertz
Über den Antiamerikanismus als spezifisch gehässige „Reaktion auf die Moderne“47 ent-
stand in den letzten Jahren , insbesondere nach den katastrophalen Terroranschlägen des
9. September 2001 , vermehrt neue Forschungsliteratur.48 Neben traditionellen Arbeiten zu
45 Ingrid Bauer , Welcome Ami Go Home. Die amerikanische Besatzung in Salzburg 1945–1955. Erinne-
rungslandschaften aus einem Oral-History-Projekt , Salzburg – München 1998 , 140 f.
46 Frederick Hertz , The Development of the German Mind. A Social History of German Political Sentiments ,
Aspirations and Ideas. The Middle Ages. The Reformation , London 1957 , 3.
47 Dan Diner , Feindbild Amerika. Über die Beständigkeit eines Ressentiments , München 2002 , 9 f. ; wei-
ters : Emil-Peter Müller , Antiamerikanismus in Deutschland. Zwischen Care-Paket und Cruise Missile ,
Köln 1986 ; Gesine Schwan , Antikommunismus und Antiamerikanismus in Deutschland. Kontinuität und
Wandel nach 1945 , Baden-Baden 1999 ; David W. Ellwood , Comparative Anti-Americanism in Western
Europe. In : Heide Fehrenbach / Uta G. Poiger ( Eds. ), Transaction , Transgressions , Transformations , New
York 2000 , 26–44 ; einen konzisen Überblick über die Literatur gibt : Philipp Gassert , Amerikanismus ,
Antiamerikanismus , Amerikanisierung. Neue Literatur zur Sozial- , Wirtschafts- , und Kulturgeschichte
des amerikanischen Einflusses in Deutschland und Europa. In : Archiv für Sozialgeschichte , Bd. 39 , 1999 ,
531–661.
48 Thomas von der Osten-Sacken / Andrea Woeldike ( Hrsg. ), Amerika. Der „War on Terror“ und der Auf-
stand der Alten Welt , Freiburg 2003 ; weiters : Benjamin Barber , Fear’s Empire. War Terrorism and De-
mocracy , New York 2003 ; Richard Crockatt , America embattled. September 11 , anti-Americanism , and
the global order , London 2003 ; Ders., After 9 / 11 : cultural dimension of American global power , London
2007 ; Michael Draxlbauer / Astrid M. Fellner / Thomas Fröschl ( Eds. ), ( Anti- )Americanisms (= American
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741