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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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57 Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre „Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nach dem Wortlaut ihrer Verfassung ein parlamen- tarisch-demokratisches Gemeinwesen. Aber es kann kein Zweifel darüber bestehen , daß die Konzentration des Kapitals und die fabrikmäßige Produktion der öffentlichen Meinung die ‚freieste Verfassung‘ der Welt aufgehoben und die Vereinigten Staaten zu einer oligarchischen Diktatur der Kapitalsmagnaten umgewandelt haben , in der kleinbürgerliche oder gar proleta- rische Kräfte , so stark sie sozial auch sein mögen , ebenso wenig Aussicht haben , sich politisch durchzusetzen , wie etwa in der Diktatur der feindlichen Kräfte in Italien Mussolinis oder in Sowjetrußland. [ … ] Für sie sind die Wahlen nur ein durch die amerikanische Tradition gehei- ligter Umweg zur Diktatur der Kapitalsmagnaten , die vielleicht noch fester angewurzelt ist als die faschistische oder bolschewistische Diktatur.“173 Zusätzlich zeichnete sich für die Sozialdemokratie aufgrund des enormen wirtschaftlich- ökonomischen Aufschwungs Amerikas Mitte der Zwanzigerjahre zunehmend die Gefahr einer „Weltherrschaft“ des amerikanischen Imperiums ab , das „Rücksichten“ sowie die „Nichteinmischung in europäische Verhältnisse“ längst nicht mehr so streng nähme , wie noch zur Zeit der Monroe-Doktrin.174 Aufseiten der katholischen Kirche sowie seitens konservativer Parteien , wie zum Bei- spiel der Deutschen Zentrumspartei , geriet , neben der Abscheu vor dem rücksichtslosen Materialismus , insbesondere das politische Parteienwesen sowie der „politische Schwindel“ und die „Entartung“ des allgemeinen Wahlrechts ins Zentrum der Kritik. Dieses würde die „Bestechlichkeit von Richtern , finanzielle Unredlichkeit und die Käuflichkeit von Äm- tern und Presse auf die Spitze treiben“175 und auf diese Weise ein „korruptes“ System von „Gönnern , Günstlingen , Bestechungen und Abhängigkeiten“ schaffen , in dem „Sonder- interessen vor diejenigen der Gesamtheit des Landes gestellt“176 würden ; eine Kritik , die auch von Repräsentanten des linksliberalen Spektrums geteilt wurde , wenn auch hier die „Ausartungen“ der „amerikanischen Maschinenpolitik“ als temporäre und somit korrigier- bare Erscheinungen aufgefasst wurden.177 Von deutschnationaler völkischer Seite ( DNVP ) wurde Amerika im Preußischen Land- tag ab 1930 dann bereits immer wieder als „Judenstaat“ bezeichnet , dessen „kranke“, „art- fremde Niggerkultur“ von der deutschen Volksgemeinschaft fernzuhalten wäre. Aggressive Kulturarroganz und rassistischer Überlegenheitsdünkel „deutscher“ Hoch- und Volkskul- tur als Kultur schlechthin wurden zunehmend lauter artikuliert : 173 Siegmund Kunst , Die Weltlage des demokratischen Sozialismus. In : Der Kampf. Sozialdemokratische Mo- natsschrift , 21. Jg., April 1928 , Nr. 4 , 138. 174 Richard Kleineibst , Mexiko. Ein Kapitel des amerikanischen Imperialismus. In : Der Kampf. Sozialdemo- kratische Monatsschrift , 19. Jg., Februar 1926 , Nr. 2 , 111. 175 Czaja , Die USA und ihr Aufstieg zur Weltmacht um die Jahrhundertwende , a. a. O., 44. 176 Ebd., 45. 177 Ebd., 47.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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