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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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69 Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlandsund Österreichs Auch der US-Reiseschriftsteller Henry Edwin Dwight , der 1829 seine Eindrücke von der deutschen Universitätskultur veröffentlichte , hatte für die geistige Unterdrückung im vormärzlichen Österreich Metternichs nur Spott und Verachtung übrig : „Stumpfsinnigkeit und Faulheit“ würden alles dominieren und die repressiv niedergehaltene Bevölkerung wür- de durch „Unwissenheit und Aberglauben“ beherrscht.229 Ein Negativ-Eindruck , der sich in einem privaten Brief des US-Historikers John Lothrop Motley in Bezug auf den kulturellen Status quo des Vielvölkerstaates noch deutlicher niederschlug : er beschrieb das österreichi- sche Staatsgefüge als Land , „which contains eight millions of civilised Germans and nearly thirty millions of Asiatics in sheep-skins and in tight pantaloons inside their boots“.230 Tatsächlich war aber der Terminus „Österreich“ in den Vereinigten Staaten , auch nach Gründung des Kaisertums Österreich als Erbmonarchie durch Kaiser Franz I., nahezu vollständig unbekannt.231 Die zahlenmäßig vergleichsweise sehr kleine Gruppe der ös- terreichischen US-Einwanderer232  – allesamt keine „supermen“, wie Spaulding trocken anmerkt233  –, die im Gegensatz zu den als leutselig „laut“ auftretend beschriebenen deutsch-stämmigen Immigranten234 zudem „leise“ und unbemerkt agierten , wurde daher in Ermangelung genauerer Kenntnisse schlichtweg unter ( andere ) „Germans“ rubriziert. So wie Wien von US-Journalisten als das „German Paris“235 beschrieben wurde , galten auch die deutschsprachigen Einwohner Cisleithaniens , ob nun Tiroler oder Wiener , als „Germans“, für die sich jedoch , nicht zuletzt durch publizierte Reiseschilderungen , allmäh- lich diffuse Stereotype einer gänzlich unpreußischen Lebenskultur auszubilden begannen. So finden sich , wie schon in der nationalen Charakterisierung bei Sealsfield , Bilder einer pittoresk-unbedarften Gemütlichkeit , exotisch-operettenhafter Kulissen  – „heavy Ger- man postillions with their cocked hats and yellow coats“236  –, weinselig-walzertanzender 229 Zit. nach : Waldemar Zacharasiewicz , Das Deutschlandbild in der amerikanischen Literatur , Darmstadt 1998 , 34. 230 Zit. nach : ebd., 39. 231 Vgl. Spaulding , Quiet Invaders , a. a. O., 20. 232 „The German Austrians were , indeed such a minority of the whole that it is not difficult to understand why they were so often forgotten.“ Ebd., 70. 233 Spaulding , Quiet Invaders , a. a. O., 75. Die österreichischen US-Immigranten hatten unter den Neuameri- kanern den am deutlichsten ausgeprägten ruralen Herkunftshintergrund. In der ersten Ausgabe der „Who is Who in America“ von 1899 / 1900 finden sich lediglich 32 „Österreicher“  – zum großen Teil Musiker  –, deren Provenienz , wie auch bei den meisten statistischen Erhebungen jener Jahre , zudem der gesamten Monarchie als Staatsgebilde zugeordnet wurde. Vgl. ebd. 234 Vgl. Christine M. Totten , Deutschland  – Soll und Haben. Amerikas Deutschlandbild , München 1964 , 50 f. 235 So bspw. 1838 durch den amerikanischen Journalisten und Reiseautor Nathaniel Parker Willis in seinen für den New York Mirror verfassten „First Impressions on Europe“. Siehe : Zacharasiewicz , Das Deutsch- landbild in der amerikanischen Literatur , a. a. O., 49. 236 Ebd.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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