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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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2. „Education for Victory“ 100 Bevor Fragen zu konkreten Maßnahmen im Zusammenhang des „postwar planning“ er- hoben wurden und die Debatte um die Reeducation des totalitären Europa zu den Werten von Demokratie und Freiheit begann , etablierte sich , angeführt vom Diskurs an Colleges , Universitäten und in akademischen Fachzeitschriften ein mit großem Aufwand geführter nationaler Abwehrkampf ; darin ging es um Aufklärung über die Grundlagen der Demo- kratie , um die Stärkung der nationalen Moral und um eine vorbeugende „Impfung“ gegen indoktrinär-dogmatische Beeinflussung. Ab dem Ende der Dreißigerjahre erschien in den USA eine regelrechte Flut von Pu- blikationen auch überaus prominenter Autoren wie unter anderen vom Kultursoziologen Lewis Mumford393 oder vom Politikwissenschafter Harold J. Laski ,394 die sich mit Fragen der Erziehung zur Demokratie , der Bedrohung westlicher Zivilisation oder der Erziehung im Faschismus und Nationalsozialismus beschäftigten.395 Die Eindringlichkeit und Intensität , mit der in diesem Zusammenhang gerade Er- ziehungsfragen gestellt wurden , erklärt sich aus der zentralen Rolle und Bedeutung , die „Education“ innerhalb der amerikanischen Demokratie seit jeher inne hat. Von Thomas Jefferson , über Horace Mann bis hin zu John Dewey ,396 dem wohl bedeu- tendsten amerikanischen Erziehungstheoretiker und Pädagogen , beruht der Glaube  – der „Pedagogic Creed“397  – an ein stabiles Funktionieren der pluralistischen , individuell-egali- tär organisierten demokratischen Gesellschaft der Vereinigten Staaten traditionell auf der Vorstellung einer durch praktische demokratische Erfahrung ( „learning by doing“ ) und Wissen gebildeten Öffentlichkeit. Nicht Lernen als Selbstzweck , sondern Lernen verstan- den als „problem solving“,398 eine auf aktive Partizipation gerichtete soziale Erziehung ,399 393 Lewis Mumford , Faith for Living , New York 1940. 394 Harold J. Laski , The Rights of Man , London 1940. 395 Vgl. Alina M. Lindgren , Education in Germany ( U. S. Department of the Interior , Office of Education Bulletin , No. 15 ), Washington D.C. 1939 ; Hermann Rauschnig , The Voice of Destruction , New York 1940 ; Lyman Bryson , Which Way America ? Communism  – Fascism  – Democracy , New York 1939 ; Hans Kohn , Not by Arms Alone. Essays on our Time , Cambridge 1940 ; Edward Charles Merriam , The New Demo- cracy and the New Despotism , New York 1939 ; Ralph Barton Perry , Shall Not Perish From the Earth , New York 1940 ; Douglas Miller , You Can’t Do Business With Hitler , Boston 1941. Darüber hinaus lag auch die kurzgefasste Darstellung des NS-Reichsministers für Wissenschaft , Erziehung und Volksbildung , Bernhard Rust , in Englischer Übersetzung auf : Bernhard Rust , Education and the Third Reich , London 1939. 396 John Dewey ( 1859–1952 ), US-amerikanischer Philosoph und bedeutender Erziehungsreformer , der über Immanuel Kant dissertiert hatte und das europäische Bildungssystem gut kannte. In seiner 1915 veröf- fentlichten Schrift „Imperial Germany and the Industrial revolution“ kritisierte Dewey die militaristisch- autokratischen Aspekte der deutschen Kulturtradition , die er insbesondere durch den deutschen Idealis- mus geprägt sah. Siehe : Deutsch-Amerikanischer Kulturaustausch im 20. Jahrhundert , a. a. O., 49. 397 So der Titel der berühmten und nachhaltig prägenden Erklärung Deweys zu Fragen der Erziehung. Vgl. John Dewey , My Pedagogic Creed. In : The School Journal , Vol. LIV , No. 3 , January 16 , 1897 , 77–80. 398 John Dewey , Progressive Education and the Science of Education. In : Progressive Education , 5 , 1928 , 197. 399 An dieser Stelle ist zu erwähnen , dass die antiautoritär ausgerichtete deutsche Reformpädagogik von der Jahrhundertwende bis in die Zwanzigerjahre ( „Jena-Plan“ ) starke Anleihen an Deweys Theorie be-
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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