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„Education in Wartime“ – Nationalsozialismus alsFundamentalbedrohung
neben zahlreichen amerikanischen und britischen Wissenschaftern – unter anderen der
frühere britische Premierminister , Stanley Baldwin ( Earl Baldwin of Bewdley ), der Prä-
sident des französischen Abgeordnetenhauses , Edouard Herriot , der frühere polnische
Minister John M. Ciechanowski sowie Ernest Bevin , späterer britischer Arbeits- und Au-
ßenminister und zum damaligen Zeitpunkt Generalsekretär der britischen Transportarbei-
tergewerkschaft , teilnahmen.408
In der Vorankündigung der Konferenz verwies der Präsident der Columbia University ,
Nicholas Murray Butler ,409 auf die Zielsetzung der Zusammenkunft , nämlich auf die Ver-
teidigung der Demokratie „as a form of government and as a way of life“ durch Erziehung :
„If we would protect democracy we must learn to defend it. We must also learn to advance
it , and this defense and advance must come in the democratic way , the democratic spirit.
That is why it is a problem of education.“410
In seiner Eröffnungsrede verstand es der Dekan des Teachers College an der University
of Columbia , William F. Russel , die Frage nach der spezifischen Verantwortung der „Edu-
cation“ hinsichtlich der Verteidigung der Demokratie in eine prägnante Formel zu gießen :
“The ‘first line of defense’ of democracy is education. You cannot shoot an idea. The defense
against a bad idea is a better idea ; the defense against a half truth is a truth ; the defense against
propaganda is education ; and it is in education that democracies must place their trust.”411
[ Hervorhebung d. Verf. ]
Den elementaren Zusammenhang von Bildung und Erziehung mit dem Funktionieren
einer gelebten Demokratie strich auch US-Präsident Roosevelt in einem offenen Geleit-
408 Unter den teilnehmenden amerikanischen Institutionen befanden sich unter anderen : die American Asso-
ciation of University Women , die American Bankers Association , die American Federation of Labor , die
National Association of Manufacturers , der National Negro Congress , die Chamber of Commerce of the
United States of America , der Congress of Industrial Organization , die Farmers’ Educational and Coope-
rative Union of America , die American Association of Advertising Agencies , Kiwanis International , Lions
International oder der National Congress of Parents and Teachers. In Summe verzeichnet das Educational
Directory des U. S. Office for Education 1941 über 450 bundesweit ( ! ) agierende Bildungseinrichtungen.
409 Der Pädagoge und Friedensnobelpreisträger [ 1931 ] Nicholas Murray Butler ( 1862–1947 ), der Mitte der
1880er Jahre bei Johann G. Droysen und Friedrich Paulsen in Berlin studiert hatte , war bereits Jahrzehnte
zuvor einer jenen zentralen US-amerikanischen Gelehrten , die sich aktiv für einen amerikanisch-deutschen
Kulturaustausch einsetzten : so hatte er 1906 die „Roosevelt-Bibliothek“ in Berlin begründet , aus der dann
das „Amerikanische Institut“ hervorging , und organisierte bereits ab 1905 einen Professorenaustausch zwi-
schen der Columbia University und der Universität Berlin. Vgl. Schmidt , Civil Empire by Co-optation ,
a. a. O., 56 ; weiters : Füssl , Deutsch-Amerikanischer Kulturaustausch im 20. Jahrhundert , a. a. O., 53 f.
410 Zit. nach : The Congress on Education for Democracy. In : School and Society , Vol. 50 , Saturday , October 28 ,
1939 , No. 1281 , 80.
411 Zit. nach : Raymond Walters , The Congress on Education for Democracy. In : School and Society , Vol. 50 ,
Saturday , August 26 , 1939 , No. 1287 , 260.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741