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„Our Country’s Call to Service“
Der Zentralisierung der Agenden im U.S. Office for Education vorausgegangen war in-
des die Gründung des „National Committee on Education and Defense“ am 7. September
1940 in Washington , das von der „National Education Association of the United Sta-
tes“ ( NEA )488 und von dem „American Council on Education“ ( ACE ), das eng mit dem
Wartime Office kooperierte ,489 unterstützt wurde und in dem insgesamt 49 Organisatio-
nen vertreten waren.490 Eine weitere führende Einrichtung innerhalb des „Committees on
Educational Recommendations“ der NEA bildete die bereits länger existierende „Educa-
tional Policies Commission“, der neben John W. Studebaker , seines Zeichens Leiter des
U.S. Office of Education , auch George F. Zook ,491 der Präsident des ACE , als beratende
Mitglieder angehörten.
Wie sich anhand der „Educational Policies Commission“, die vorrangig mit der Ausar-
beitung konkreter Schulungsmaterialien befasst war , zeigt , verlief die Arbeit von staatli-
chen Gremien und zivilen Privateinrichtungen im Kontext der „Education in Wartime“ in
enger personeller und institutioneller Verflechtung.
Der Output der neugeschaffenen Institutionen schlug sich vor allem in einer Reihe ela-
borierter Broschüren und Bücher nieder , die von der Educational Policies Commission der
NEA beziehungsweise vom U.S. Office of Education herausgegeben wurden.
So wurde zum Beispiel für den Unterricht an Schulen und Colleges 1940 von der Edu-
cational Policies Commission
– neben einer allgemeinen Darstellung der kriegsbedingten
Herausforderungen für die Erziehung492 – eine eigene Materialsammlung zum Thema
„Learning the Ways of Democracy“ publiziert , um die Entwicklung von „good citizenship“
488 Wartime Handbook for Education [ National Education Association of the United States ] , Washington
D.C. 1943.
489 Das „National Committee on Education and Defense“ agierte in der Folge gewissermaßen als übergeord-
netes Koordinationsgremium , in dem Vertreter ziviler und militärischer Einrichtungen in regelmäßigen
Abständen Bericht erstatteten. Mitglieder des Komitees waren u. a. Alonzo G. Grace als Vorsitzender des
industriellen Trainingsprogramms , Williard E. Givens als Sekretär der NEA , J. W. Studebaker als Leiter
des U. S. Office for Education sowie Brigadier General Lewis B. Hershey und Francis J. Brown vom War
Department. Vgl. The National Committee on Education and National Defense. In : School and Society , Vol.
53 , February 22 , 1941 , 237.
490 School and Society , Vol. 52 , September 28 , 1940 , No. 1347 , 257.
491 George F. Zook ( 1885–1951 ), Leiter der „Division of Higher Education at the U. S. Bureau of Education“
von 1920–1925 ; Präsident der University of Akron ; ab 1933 „U. S. Commissioner for Education“ so-
wie Präsident des „American Council on Education“, der einflussreichsten US-Organisation für „Higher
Education“ in den Vereinigten Staaten. Zook , der Präsident Roosevelt persönlich kannte , war einer der
bedeutendsten amerikanischen Pädagogen seiner Zeit. Bereits 1933 widmete ihm Time eine Titelseite
( Vgl. Time. The Weekly Magazine , 18. September 1933 ). Siehe : Steven Brint / Jerome Karabel , The Diver-
ted Dream : Community Colleges on the Promise of the Educational Opportunity in America , 1900–1985 ,
New York 1989 , 68.
492 American education and the war in Europe [ Educational Policies Commission / National Education As-
sociation of the United States and the American Association of School administrators ] , Washington D.C.
1940 ; dabei handelte es sich bereits um die Zweitauflage der 1939 erstmals erschienenen Broschüre.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Untertitel
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Autor
- Christian H. Stifter
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 762
- Schlagwörter
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741