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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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2. „Education for Victory“ 170 Darüber hinaus konstatierte Murray , dass sich die Modalitäten der Einzeltherapie ei- ner paranoiden Persönlichkeit nicht auf die Behandlung einer ganzen Nation umlegen lassen , denn „[ the ] Germans would resist reeducation by the victors.“738 Möglichkeiten einer zielführenden „Reeducation“ insbesondere der Jugend in Richtung „fair play“ sah er vor allem im Bereich von Sport- und Freizeitaktivitäten , wobei seiner Meinung auch hier gelte , dass ausschließlich deutsche Pädagogen „could carry out the reorientation of German youth.“739 Diesen Ansatz einer von außen kooperativ zu unterstützenden „Self-education“ ver- trat auch der Deutsch-Amerikaner Kurt Lewin in seinen differenzierten sozialpsycho- logischen Arbeiten.740 Lewin  – den James F. Tent irrtümlicherweise dem Lager der Psychiater rund um Richard Brickner zuzählt741  – ging es darum , deutlich zu machen , dass die Auswirkungen des pervertierten NS-Erziehungssystems nur durch einen de- mokratischen Elitentausch sowie durch langfristige Veränderungsmaßnahmen des ge- samten „Kulturellen Klimas“ ( „education for independence“ ) wirksam verändert werden können. Mit ihrem Konzept einer langfristigen „Rekulturalisierung“ zu demokratischen Werten und symmetrischen Verhaltensmustern ( „fair play“ ), das neben formalen Erzie- hungsabläufen auch informelle Formen des Lernen umfasst , fokussierten Sozialpsycho- logen  – wie unter anderen auch Gregory Bateson und Margaret Mead742  –, ähnlich wie die „Educational Reconstruction“-Pädagogen , auf verantwortliches Handeln in einer demokratischen Lebenspraxis. Das sollte durch in „democratic leadership“ entsprechend geschultes Personal unter Supervision der ( west- )alliierten Besatzungsmächte erreicht werden : “This training does not need to bear the stigma of ‘education’ , because a job is to be done , a job of cooperation in the interest of Germany. It could be demonstrated there and experienced first hand that ‘democracy works better’. If strategically managed , such training on the job of 738 Ebd. 739 Ebd. 740 Kurt [ Zadek ] Lewin ( 1890–1947 ) entstammte einer jüdischen Familie in der preußischen Provinz Po- sen. Lewin studierte an der Universität Berlin und befand sich mit seinen Forschungen im Umfeld des Frankfurter Instituts für Sozialforschung. 1933 emigrierte Lewin in die USA , wo er u.a an der Cornell University und am Massachusetts Institute of Technology ( MIT ) Lehraufträge inne hatte. Lewin gilt als einer der bedeutendsten Psychologen des 20. Jahrhunderts. Er war Mitbegründer der Experimentellen Sozialpsychologie und führender Vertreter der Gestaltpsychologie. Nachdem er sich während der Kriegs- jahre mit Fragen der Reeducation befasst hatte , arbeitet er nach 1945 im Kontext von Reorientierungs- Maßnahmen in POW-Camps mit. Vgl. Alfred J. Marrow , The Practical Theorist. The Life and Work of Kurt Lewin , Univ. of Michigan 1969 , 3 f. ; Marvin R. Weisbord , Productive Workplaces Revisited. Dignity , Meaning and Community in the 21st Century , San Francisco 2004 , 230 ff. 741 Tent , Mission on the Rhine. Reeducation and Denazification in American-Occupied Germany , a. a. O., 22. 742 Vgl. Gregory Bateson / Margaret Mead , Principles of Moral Building. In : Journal of Educational Sociology , 15 , 1941 , 206–220.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Untertitel
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Autor
Christian H. Stifter
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
762
Schlagwörter
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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